Frei nach Kaiser Franz' Worten vor dem Fußball-WM-Finale 1990 gab der Mannschaftsführer der ersten Jugendmannschaft noch etwas Motivation mit für den Wettkampf bei Werder Bremen. Wir mussten stark ersatzgeschwächt antreten und uns erwartete ein starkes und favorisiertes Werder-Team. Nur unser Mädchen und unsere fünf Jungs wuchsen über sich hinaus und rangen Bremen in einem begeisternden Wettkampf mit einem knappen aber nie gefährdeten 3,5:2,5 nieder. 

Der Wettkampf stand zunächst unter keinem guten Stern. Drei Stammspieler fehlten. Gleichzeitig wollten wir unseren ersten Ersatz Tom Linus und Tilo nicht einsetzen, sie hätten sich festgespielt und damit LSV 3 dauerhaft geschwächt.  Also machten sich schließlich Martin Kololli, Alexander Rieß und Fin Niklas Tiedemann vom Stamm und als Ersatz Alva Glinzner, Vitus Nassat und Lukas Nagy auf den Weg nach Bremen. Fahrer waren der Berichterstatter Bernhard Weber und Ullrich Krause. Alter und neuer Jugendwart sozusagen, die die Zeit dann auch für Jugendplanung nutzten. Als wir die Bremer Aufstellung sahen, wussten wir, dass die Stunde geschlagen hat. Über 400 DWZ über alle Bretter mehr. Also dann: "Zeigt was ihr könnt - Geht's raus und spielt's Schach!"

Vielleicht hatte das Bremer Team gar nicht so recht wahrgenommen, dass sie nun favorisiert waren, weil vielleicht nicht erwartet. Jedenfalls dominierte das LSV-Team von Anfang an. Die Stammspieler gingen voran:

Alexander holte gleich das erste Zählbare in Form eines Mehrbauern. Fin und Martin hatten Weiß und kannten sich in ihren Eröffnungen besser aus. Fin brachte das eine schöne Angriffsstellung auf den kurz rochierten König ohne Gegenchancen für den Bremer Spieler. Martin hatte sogar Bremens IM Thorben Koop mit 2400 DWZ gegen sich. Dessen König war jedoch in der Mitte stecken geblieben und so fand sich der Bremer Bundesligaspieler dauerhaft in der Defensive. Alexander hatte inzwischen einen zweiten Bauern eingesammelt.

Den ersten Punkt holte allerdings Lukas. Als er die Aufstellung sah, sagte er: "Da muss ich wohl gewinnen." Ganz recht, er hatte als einziger Lübecker deutlichen DWZ-Vorteil und setzte das auch souverän um. Bei der ersten längeren Schlagreihenfolge kam eine Mehrfigur für ihn heraus und er verwertete das dann zielstrebig im Endspiel zum 1:0 Alexander hatte inzwischen auch noch eine Qualität gewonnen. Und als dann noch ein dritter Bauer dazu kam, sah sein Gegner es ein und gab auf - 2:0. Nach längerer Belagerung fiel dann auch die Bremer Königsburg an Brett 3 - Fin erhöhte damit auf 3:0.

An Brett 4 und 5 sahen sich Alva und Vitus 300 bzw. 200 DWZ mehr gegenüber. Aber sie machten ihre Sache glänzend. Alva hatte mit Schwarz einen Igel gewählt und Beton von besonderer Güte angerüht - ihr Gegner fand kein Durchkommen. Vitus hatte gar nach ausgeglichener Eröffnung seinen Gegner überspielt und sich Gewinnchancen mit einem Freibauernpaar erarbeitet. Zur Zeitkontrolle hin kippten die Partien dann aber zu Gunsten der DWZ-stärkeren Bremer. Vitus verpasste erst den Gewinn und verrechnete sich dann mit einem Figurenopfer, so dass nur die Aufgabe blieb. Alva hatte das Matt vermieden, war aber in einem verlorenen Turmendspiel gelandet. Aber Alva bekam eine zweite Chance, da ihr Gegner nicht so recht wusste, wie man ein Mehrbauernpaar zum Laufen bringt.

Entschieden wurde alles schließlich erst zum Ende der Gesamtspielzeit nach knapp 5 Stunden. Alva hatte sich in die Remisbreite zurückgekämpft und war dann in der letzten Minute ihrer Bedenkzeit doch noch in einen Trick gelaufen, so das auch hier der Punkt nach Bremen ging. Schade, aber trotzdem eine tolle kämpferische Partie von Alva.

Blieb noch die Paarung am Spitzenbrett. Der Bremer IM war nach 5 Stunden Dauerbeschuß noch nicht eingebrochen. Martin hatte bereits ein erstes Remisangebot abgesetzt, dass jedoch abgelehnt wurde. Fortan beließ es Martin bei weiter kontrollierter Offensive und etwas Zeitvorteil, so dass dem Bremer zum Ende der Gesamtspielzeit nichts anderes blieb als das Remis.

Am Ende ein verdienter 3,5:2,5-Erfolg für den Lübecker SV. Und die Erkenntnis, dass wir noch mehr bundesligatauglichen Ersatz haben. Und mit dieser Einstellung selbstbewusst in das letzte Drittel im Kampf um die Top-Platzierungen gehen können.