Es ist wieder soweit. Die neue Saison hat begonnen. Und zwar wieder mit dem Kampf der Zweiten gegen die Dritte. Das ist natürlich eine rechtunglückliche Konstellation.

Es will partout kein rechtes Kampffeeling aufkommen. Alles geschieht eher unter dem Motto:„ Wir basteln uns einen Landesligakampf. “Offiziell“ war die zweite Mannschaft der Gastgeber und so begrüßte ich also unsere Gäste und hoffte, dass sie eine angenehme Anreise gehabt hatten. Eigentlich wollte Ich meine kleine Ansprache mit den Worten enden lassen, die weiland Heide Simonis immer bei der Eröffnung der Kieler Woche gesagt hatte: „ Und jetzt baut mal keinen Scheiß!“ Aber irgendwie sah Ich nur in seriöse Augenpaare und da ich keine Lust hatte, nur Selbstgespräche zu führen , beließ ich es dabei. Als ich mich hingesetzt hatte gab ich meinen Gegner Stephan Schiebuhr zur Begrüßung die Hand. Zu diesem Zeitpunkt geschah dies am Nebenbrett bereits zum zweiten Mal. Remis bei Bernhard Weber und Marco Frohberg. 

Das Gleiche zwei Züge später bei Vyacheslav Berdishevskiy und Wolf Reimer. Etwas länger Zeit ließen sich am Spitzenbrett Ulrich Sieg und Sergei Salov. Nachdem sie ein spannendes damenloses Mittelspiel erreicht hatten , kam es auch hier zur Punkteteilung. Danach wurde die Stellung mit den anderen , die bereits fertig waren, ausgiebig analysiert. Doch wer im Glashaus sitzt… Vor vielen Jahren hatte ich in einen Kampf gegen die KSG mit meinem damaligen Gegner Martin Upleger in einer scharfen Naidorf-Variante inklusive Figurenopfer nach Neun Zügen Remis gemacht. Die nächsten5 Stunden, die der Kampf noch dauerte, verbrachten wir mit der Analyse dieser Stellung. Als Martins Mannschaftskameraden zum Aufbruch drängelten, gab er zur Antwort: „ Gleich, die eine Variante müssen wir noch schauen.“ So hatten wir also mit drei Unentschieden aus unserem Baukasten für ein sicheres Fundament gesorgt. Doch bei dem Bau des ersten Stocks kam es dann zu einer erheblichen Schieflage. Finn-Niklas Tiedemannhatte nach interessanter Eröffnung gegen Hartmut Niels ein solides Endspiel erreicht, um es dann durch einen plumpen zweizügigen Einsteller wegzuschmeißen.

Joachim Berger konnte die Führung für die Dritte dann gegen Samuel Olzen sogar noch ausbauen. Rein schachlich gesehen ein klarer Start- Ziel Sieg. Samuel war die Sache doch etwas zu passiv angegangen.

 

Und doch wäre es für Iddell fast schief gegangen. Denn während der Partie klingelte sein Handy. Aber weder Samuel noch ich waren der Ansicht, so etwas bei einer Partie gegen einen Vereinskameraden zu beanstanden. Trotzdem war Iddels Mannschaftsführer Marco fassungslos. Allerdings weniger wegen der Dusseligkeit seines Mitspielers.„ Welcher Blödmann ruft den denn an“? entfuhr es ihm.

Danach kam es zur Armenischen Punkteteilung zwischen Tigran Poghosiyan und Artur Kevorkov. Seiner Natur und seiner Jugend entsprechend hatte Tigran in Anlehnung an Stefan Ziska die Risikotaste gedrückt. Der erhoffte Erfolg stellte sich aber nicht ein und so verblieb er mit einer strukturell schlechten Stellung. Vor ein oder zwei Jahren hätte er diese zumal gegen einen so starken Kontrahenten wie Artur kaum halten können. Mittlerweile kommt zu seinen grenzenlosen Optimismus und seiner schachlichen Kreativität auch nochein gerüttelt Maß an Hartnäckigkeit und Kampfkraft hinzu. So musste ich also unbedingt gewinnen, damit meine Mannschaft noch eine Chance zumindest auf einen Punkt haben konnte. Doch die Voraussetzungen hierfür waren denkbar schlecht. Schiebi hatte sich gut vorbereitet und wollte eine Variante die von IM Seel, der das neue Standardwerk über die Philidor Verteidigung geschrieben hatte, empfohlen wird, widerlegen. Und dies mit der Hilfe eines gewissen Stockfisch. Hierbei handelt es sich wie ich gehört habe um ein recht starkes neues Schachprogramm. Also quasi eine Partie Stockfisch gegen Blindfisch. Wie sollte das schon ausgehen? So nahm Schiebi denn auch beide von mir geopferten Bauern und behauptete sie mehr zu haben. Mir kam das irgendwie komisch weil doch sehr mutig vor. Ich erhielt eine doch sehr ansprechende Angriffssstellung. Entweder hatte Schiebi da irgendetwas durcheinander gebracht ,oder aber wir lassen einmal den guten alten Duke John Wayne zu Wort kommen. Der, würde er noch leben, dies wohl mit den Worten kommentiert hätte:„ Ein Computer muss tun was ein Computer tun muss.“ Schiebi gab vernünftigerweise die beiden Bauern zurück, um seinen König halbwegs in Sicherheit zu bringen. Trotzdem wäre der Angriff weiter gegangen, wenn es mir gelungen wäre, meine letzten passive Figur, einen Springer, mit ins Gefecht werfen zu können. Durch einen kleinen taktischen Kniff, den Bernhard nach der Partiezeigte, wäre dies auch möglich gewesen. Das schlimme war, dass ich diesen Zug nicht etwa übersehen hatte, sondern aufgrund von gesehenen Gespenstern - mit denen ich ab sofort kein Wort mehr rede - verworfen hatte. So endete die Partie nach viel Rauch um nichts schließlich friedlich. Schiebi und ich erhoben uns wie einst Cheech und Chong leicht desillusioniert von unseren Stühlen. Ich, weil ich sicher war, in jungen Jahren auf eine so schöne Angriffstellung ein blutiges Gemetzel hätte folgen zu lassen und Schiebi vielleicht in der Absicht , das nächste Mal der blöden Blechbüchse einen kräftigen Tritt in die Festplatte zu verabreichen, um sich stattdessen auf sein eigentlich intaktes Schachverständnis zu verlassen.

Auch in der letzten nun unwichtig gewordenen Partie zwischen Detlef Pohl und Michael Schneider kam es zum Remis. Aber halt! Ganz so unspektakulär war die Sache dann doch nicht. Denn der letzte Baustein für unseren Landesligakampf trug nun mal die Aufschrift: Kuriosum. Detlef und Michael schüttelten sich zum Abschluss der Partie die Hand. Allerdings unter völlig unterschiedlichen Annahmen. Detlef dachte, dass Michael das von ihm annoncierte Remisangebot angenommen hatte. Michael hingegen dachte, dass Detlef aufgegeben hatte. Es kam zu einem kurzen Wirrwarr der sich dann aber doch in Wohlgefallen aufgelöst hatte. Beim nächsten Mal wird nicht mehr gebastelt sondern Schach gespielt.