Nachdem ich 2013 schon einmal als Trainer von Martin Kololli an einer Weltmeisterschaft teilhaben durfte, war ich dieser Tag selbst als Teilnehmer bei einer WM dabei. Diese Woche fand in Dresden der 60. WCCC (World Congress of Chess Composition) und in diesem Rahmen auch die 41. WCSC (World Chess Solving Championship) statt. Da die Austragung dieses Jahr in Deutschland stattfand, durfte Deutschland mit zwei Teams an den Start gehen, so dass sich dieses Jahr im Rahmen der Deutschen Lösemeisterschaften statt der üblichen 3+1 Löser drei weitere Löser für die Weltmeisterschaften qualifizieren konnten und ich als 7. Deutscher ebenfalls dabei sein durfte.
Als Aufwärmprogramm gab es am Montag das Open Solving, ein offenes Löseturnier. Hier gilt es in zwei Runden á 90 Minuten jeweils 6 Aufgaben zu lösen. Je klassischer Problemschach-Kategorie (2-, 3-, Mehrzüger, Hilfs-, Selbstmatt und Studie) ist eine Aufgabe dabei. Im Vorfeld hatte ich mich ein wenig an älteren Turnieren versucht. Mein Ziel war es jeweils den 2- und den 3-Züger zu lösen - was mir beim Üben auch in unter einen halben Stunde gelang - und dann zu sehen, was noch geht. Die Hauptschwierigkeit dabei war es für mich im Anschluß die richtige Aufgabenreihenfolge auszuwählen. Man kann sich leicht an einer Aufgabe festbeißen und kommt dann zu nichts anderem mehr.
In Runde 1 lief es für mich sehr gut. 2- und 3- Züger hatte ich nach einer halben Stunde, das Hilfsmatt in 4 konnte ich auch überraschend zügig lösen und auch der Selbstmatt-Dreier gelang mir, auch wenn ich dort nicht alle Varianten hatte. Studie und 4-Züger waren wohl die schwierigsten Aufgaben, wobei mir der 4-Züger noch gelang - leider übersah ich eine Variante - und ich bei der Studie zumindest noch einen Trostpunkt ergattern konnte. Aber mit 23 von 30 möglichen Punkten war ich natürlich hoch zufrieden.
Runde 2 lief dann eher erwartungskonform. Den 2-Züger hatte ich schnell, der 3-Züger bereitete mir allerdings etwas Kopfzerbrechen. Was dann angehen? Ein Selbstmatt-Vierer schien mir zu schwer, blieben noch ein 5-Züger, das Hilfsmatt und die Studie. Am Hilfsmatt-Dreier versuchte ich mich erfolglos. Bei der Studie erkannt ich immerhin die Anfangsidee und konnte noch zwei Punkte ergattern, der 5-Züger war denn auch zu schwer für mich. Den Schlüssel hatte ich noch gut erraten, aber bei nur einer langen Variante gab es nur Punkte auf die vollständige Lösung. 11 Punkte und in Summe mit der 1. Runde 34 Punkte von 60 möglichen brachten mir Platz 64 von insgesamt 114 Lösern. Sieger wurde der Pole Piotr Murdzia vor John Nunn und dem Serben Vladimir Podinic. Bester Deutscher Silvio Baier auf Platz 5.
An den folgenden beiden Tagen ging es dann um die eigentlichen Weltmeisterschaften. Ausgetragen wird das Turnier als Mannschaftswettbewerb mit Einzelwertung. Jede Nation stellt eine Mannschaft mit drei Lösern. Summmiert werden je Runde die beiden besten Ergebnisse. Insgesamt waren 20 Teams aus 19 am Start, Deutschland als Gastgeber mit zwei Teams. Je Nation darf ein weiterer Löser als Einzellöser teilnehmen. Ferner gibt es noch Plätze für den Ausrichter, Junioren, Senioren, Damen, ELO, so dass insgesamt 89 Löser am Start waren.
Am 1. Tag 2-, 3- und Mehrzüger.
Zunächst drei 2-Züger in 20 Minuten. Da spielt der Zeitdruck eine gewaltige Rolle. Ich hatte mir vorgenommen, mindestens zwei Aufgaben zu lösen. Doch gleich der erste Zweizüger erwies sich für viele als Stolperstein. Erst nachdem man mit allem gescheitert ist, versucht man es mit Schach, da ein Schachschlüssel, zumindest im Zweizüger eher selten ist. Auch ich hatte für die Aufgabe 10 der 20 Minuten verbraucht. Beim zweiten hatte ich schnell eine richtige Idee, musste mich aber zwischen zwei möglichen Schlüsseln entscheiden. Obwohl mir intuitiv klar war, dass mein Schlüssel nicht richtig sein konnte, entschied ich mich am Ende dagegen, meine Entscheidung zu revidieren, was mich 5 wichtige Punkte kostete. Für den letzten 2er blieb dann nicht mehr genug Zeit. Die Hauptidee konnte man noch erkennen, aber eine 25% Wahrscheinlichkeit auf den richtigen Schlüssel reichte leider nicht.
15 Minuten Pause, dann ging es in Runde 2 an die 3-Züger. 60 Minuten standen diesmal für die 3 Aufgaben zur Verfügung. Auch hier verbiss ich mich lange an Aufgabe 1 ohne sie am Ende lösen zu können. Damit blieb mir für die anderen beidene Aufgaben nur noch die Hälfte der Zeit. Bei der 2. Aufgabe hatte ich zwar Ideen, kam aber auch nicht auf die richtige Lösung, während mir für die 3. Aufgabe - vermutlich die einfachste der Abteilung - dann zu wenig Zeit blieb, so dass ich nur noch die Hälfte zusammenbekam. Leider in dieser Runde nur 2,5 Punkte. Ich hatte mir im Vorfeld schon einen kompletten Dreizüger vorgenommen.
Nach einer weiteren Pause gab es dann in 100 Minuten drei Studien zu lösen. Auch hier wollte ich eigentlich zumindest eine Aufgabe herausbekommen. Leider verbiss ich mich auch hier zu sehr in die 1. Aufgabe. Ergebnis, der Schlüssel war zwar richtig, aber die Hauptvariante war eine ganz andere. Die 3. Aufgabe war vielleicht die einfachste, doch auch hier gelang es mir nur einen Trostpunkt zu ergattern und die 2. Studie erwies sich schlicht als zu schwierig für mich. Da ging ich einfach falsche Wege.
2 Punkte aus der Studienrunde und nach Tag 1 leider nur 9,5 Punkte von 45 möglichen, wo 20 mein Ziel gewesen wären.
Der 2. Tag fing ein wenig besser an.
Als erstes drei Hilfsmatts in 50 Minuten. Auch hier spielt der Zeitfaktor eine große Rolle. Löst man den Hilfmatt-Zweier schnell genug? Bei mir hat es leider 20 Minuten gedauert, die vier Lösungen zusammen zu puzzeln. Beim Hilfmatt-Dreier konnte ich zumindest die 1. Hälfte herausbekommen, an Teil 2 biss ich mir dann leider erfolglos die Zähne aus, auch wenn ich nahe dran war. Zumindest hätte ich den Autor nennen können, aber darauf gibt es leider keine Zusatzpunkte!-) Der Hilfsmatt-Fünfer gelang mir dann nicht mehr. Aber immerhin 50% bei den Hilfmatts. Das war ein guter Start.
In Runde 2 galt es in 80 Minuten drei Mehrzüger zu lösen. Den 4-Züger wollte ich zumindest herausbekommen. Den Schlüssel und eine Variante hatte ich noch, bei den restlichen Varianten aber leider ein Brett vor dem Kopf. Dann versuchte ich mich am 8-Züger. Während meines Aufenthaltes in Pardubice hatte ich regelmäßig Mehrzüger aus der Schwalbe gelöst und dabei ein gutes Gefühl, dass hier etwas möglich sei. Ich war auch nahe dran, aber bei nur einer langen Variante, gibt es auch hier nur für die komplette Lösung Punkte und nicht nur für den Start und ich hatte leider nur die erste Hälfte der Lösung zusammen. Der 5-Züger ein böhmisches Zugzwang-Problem bereitete den meisten Lösern arges Kopfzerbrechen. Selbst wenn man den Schlüssel erriet, galt es noch 6 Varianten und ein paar Untervarianten zu notieren. Für mich zu schwer und damit auch nur 2 Punkte bei den Mehrzügern.
Zum Abschluss dann noch drei Selbstmatts in 50 Minuten. Hier gelang es mir zumindest, wie geplant den Selbstmatt-Zweier rasch zu lösen. Aber am Selbstmatt-Dreier versuchte ich mich dann lange erfolglos und ein Selbstmatt in 7 Zügen schien mir utopisch, so dass ich diese Aufgabe auch garnicht lange betrachtete. Leider ließ ich beim Selbstmatt-Zweier noch eine einfache Variante aus, was mich noch einen Punkt kostete.
In Summe kam ich auf 23 von 90 möglichen Punkten. Mein Ziel waren 30+, was ich damit deutlich nicht erreicht habe.
Deutschland 1 wurde hinter den Polen und Großbritannien Dritter. Weltmeister wurde der Pole Kacper Piorun vor dem Litauer Martynas Limontas und dem Kroaten Marko Filipović. John Nunn wurde 4. und auf Platz 5 der beste Deutsche Boris Tummes.
Neben dem Lösen von Schachproblemen finden auch Kompositionswettbewerbe dieser Tage in Dresden statt.
Ein ausgefeiltes Rahmenprogramm haben die Dresdener Veranstalter ebenfalls zusammengestellt. Am Montag etwa besuchten wir die gläseren Manufaktur in der VW seinen neuen e-Golf endfertigt. Dresden als Stadt selbst bietet natürlich auch reichlich Sehenswürdigkeiten und Programm für jedermann. Ede hätte vermutlich einen Besuch der Semperoper auf keinen Fall ausfallen lassen.
Dabei sein ist alles, war meine Devise für diese 1. Teilnahme. Mal sehen, ob und wann ich mich das nächste Mal für eine Weltmeisterschaft qualifizieren kann.
Wer sich für Aufgaben, Lösungen, Ergebnislisten und weitere Details interessiert, sei auf die Seite https://wccc2017.de/ verwiesen, wo sich alles rund um die dieser Tage noch stattfindenden unterschiedlichen Problemschach-Aktivitäten finden lässt.