Wir müssen es machen

Ede war schon weg. „Ich überlasse dir jetzt das Feld“, sagte er und fuhr los. Ich konnte ihn also nicht mehr fragen, wann denn unsere Mannschaft zuletzt in der Bezirksliga Ost verloren hatte. So knapp schien mir zwischendurch der Kampf zwischen Strand und LSV VII zu sein. Und ich sollte hinterher ja noch einen Bericht schreiben. Na, so weit kam es dann doch nicht. Nicht die Sache mit dem Bericht, der liegt hier ja vor, sondern die Geschichte der Niederlage für den LSV. Aber knapp war es. Ganz knapp. Mit 4:2 haben wir obsiegt. „Ganz haarige Sache war das“, da waren Martin und ich uns auf der Rückfahrt einig.

Dieses Schach ist doch schwierig und kompliziert. Ich stromerte am frühen Abend noch durch eine Zeitenschriftenabteilung, ich hatte noch Zeit, bis ich Martin abholen wollte. So ein Schachspiel – oder auch Schachspieler – muss oft für etwas derart Kluges herhalten, dass es gleich schiefgeht. Das neueste Beispiel ist die Titelseite von „Focus Money“ – da soll es um Börsentipps und –strategien gehen. Und die beiden Strategen auf dem Titel – von ihnen ist gnädigerweise nur die Zughand zu sehen – sitzen einmal mehr an einem falsch aufgebauten Brett. Eröffnung versaut, alles versaut. Oh, die Börsenstrategen auf dem Heft würden übrigens mit 1. F2-F4 F7-F5 beginnen. Aber Börse versteh ich wiederum auch nicht.

Jetzt ist genug Zeit überbrückt, dass auch Ede sich ans Brett setzen durfte. Er musste nämlich noch ein bisschen warten, weil sich Marco Patzer um ein paar Minuten verzögerte. Dann ging bei den beiden aber gleich Schlag auf Schlag. Edes Aktivitäten auf dem Damenflügel drängten die gegnerischen Figuren zurück, die dann aber plötzlich drohend das Zentrum attackierten. Weil ich mal ein wenig in meine Stellung abtauchte, sah ich das Donnerwetter nicht, aber übrig blieben zwei gegen drei Bauern auf dem Königsflügel jeweils mit Dame und einem Turm. Das wurde dann Remis. Aber während der Eröffnung blickte ich doch einmal sorgenvoll auf das Brett.

EdeEde

 

Bei einer meiner nächsten Runden raunte Martin mir dann zu. „Wir müssen es machen.“ Jürgen was weniger, Frank was weniger, ein ruhiger Freitagabend sieht anders aus. Und Martin sagte mir dann auf der Heimfahrt. „Zwischendurch fühlte ich mich gar nicht wohl.“ Ich mich auch nicht, weil dieses Schach ja so schwierig ist und ich nicht wusste, wie ich die Stellung behandeln sollte. Während Martin nach gefühlten zehn Zügen nur noch 30 Minuten auf der Uhr hatte. Aber das ist ja noch nicht schlimm. Frank und Jürgen hatten wenigstens Druck.

Der Kampf, der so lange in der Schwebe verharrte, entwickelte sich dann überraschend rasant. Es muss so gegen 23 Uhr in Scharbeutz gewesen sein, als die wichtigen Entscheidungen getroffen wurden. Günter Schütt manövrierte gegen Jürgen seine Figuren so, dass ein Turmeinschlag auf h3 sofort zum Matt führte.

Juergen

Wolfgang hatte Michael Wurz gestattet, sich zu befreien. Als Wurz dann c5xd4 spielen konnte, führte ein anschließendes Turmschach auf b3 nach Txd4 zum Turmverlust auf d4. Wolfgang hatte weit vorher ein Remis abgelehnt. Berechtigt wie ich meine, denn er hatte seinen Gegner noch gut eingeschnürt.

Wolfgang

Frank einigte sich dann mit Dirk Storbeck auf Remis. Frank hatte auf Bauernkosten sehr aktiv in der Eröffnung gespielt. Das führte dann auch zu beiderseits langen Überlegungen. Das begründete dann wohl auch das Unentschieden. In der Stellung war für beide Seiten noch etwas drin, so sah ich das kurz, aber die Zeit war knapp. Ich kämpfte mit Thomas Meifert um eine starke Position im Zentrum. Ich wusste nicht, wie ich vorgehen sollte, aber ich konnte am Ende meiner Ansicht nach eine vorteilhafte Stellung vorweisen. Ein krasser Einsteller beendete den Kampf vorzeitig. 

Martin war über seinen Angriff mit dem h-Bauern nicht überzeugt, doch als Rüdiger Richter einen Springer auf f6 zuließ, senkte sich die Waage rapide zugunsten von Martin. Am Ende überzeugte eine einzügige Mattdrohung. Und Martin – wir haben auf dem Rückweg doch alle noch ausstehenden Gegner gefunden – die Staffel ist nicht so groß wie gedacht.

Ich habe diesem Text einige Stellungsbilder beigefügt, die die Partien ungefähr wiedergeben. Möglich ist aber, dass sie nicht exakt das Geschehen in der Partie darstellen.

 

 

Damit es aber wenigstens eine korrekte Partie zu sehen gibt, bringe ich hier meine Partie zum Nachspielen. Moment. Die Money-Zeitschrift bringt unter dem fraglichen Deckmantel doch sicher nützliche Hinweise. So möge man auch meine Partie betrachten. Und wenn man nur zur Erkenntnis kommt – „So geht es nicht!“

Und im Nachgang hat Martin seine Partie auch noch zur Verfügung gestellt. Einer muss es ja machen.

Martin