Ach, das hätte ich fast vergessen. Die Saison ist vorbei und wir sind nicht abgestiegen!

Zuerst dies: Herzlichen Glückwunsch an unsere Dritte! Ihr seid verdient Meister geworden und es ist schade, dass ihr den Aufstieg nicht wahrnehmen könnt.

Glückwunsch aber auch an Bargteheide! Seit vielen Jahren sind sie immer wieder knapp und häufig unglücklich am Aufstieg in die Oberliga gescheitert. So ist es eigentlich ebenso folgerichtig wie gerecht, das in diesem Jahr der zweite Platz gereicht hat.

Der Abschluss der Saison knüpfte nahtlos an deren Beginn an. Eine ebenso knappe wie unnötige Niederlage. Es begann mit einem typischen Phänomen unserer Zeit. Probleme bei der Deutschen Bahn. Keine Sorge: jetzt keine Witze über die DB. Die sind bereits alle getan und haben mittlerweile einen so langen Bart, das sie sich damit glatt in den elektrischen Oberleitungen verfangen könnten, um so das nächste Verkehrschaos auszulösen.

In diesem Fall wollte die Regionalbahn aus Travemünde einfach nicht losfahren. Thomas Tannheiser, der in dieser Bahn saß, informierte uns über dieses Missgeschick. So schickten wir Wolf Reimer mit unseren jungen Hüpfern Alexander Rieß und Tigran Poghosyan schon mal voraus. Währenddessen genossen Bernhard Weber, Ulrich Sieg und ich den vom Schicksal unerwartet kredenzten Zeitsnack und warteten auf Thomas. Der erschien mit einer halbstündigen Verspätung und wir machten uns sofort daran diese aufzuholen. Das war mit dem rasenden Bernhard, O-Ton Papa Rieß, dem seine Firma einen Dienstwagen gestellt hatte, der zu meiner Jugendzeit glatt als Batmobil durchgegangen wäre, kein Problem.

Während wir so über die A 1 flogen, warf Ulrich Sieg einen interessierten Kennerblick auf das automatische Schaltgetriebe und sagte:„ Ach, das ist ja ein Auto, dass ich auch fahren dürfte. Vor einigen Jahrzehnten hatte Ulrich nämlich seinen Führerschein nur auf einem Automatikwagen gemacht. „Man muss um seine Grenzen wissen.“, sagte er. Weise Worte!, dachte ich und fragte, wann er denn das letzte Mal selber aktiv gefahren wäre. „Na ja, damals halt bei der Prüfung.“

Ulrich war es denn auch, der für das erste Ergebnis im Kampf gegen Bargteheide sorgte. Er war, wenn auch rein zufällig, gut auf seine Partie gegen Jonah Krause vorbereitet. Vor einiger Zeit war er nämlich in der Lübecker Bücherei gewesen. Da er weder Schachprogramme noch Datenbanken besitzt, ich bin mir nicht einmal sicher, ob er überhaupt einen Computer hat, blätterte er in den dort ausliegenden Schachzeitungen. Dabei fand er eine Partie mit Magnus Carlsen als Weißem. Er erhielt tatsächlich gegen Jonah diese Stellung aufs Brett. Es kam zu einem Punkt indem Carlsen einen Zug gespielt hatte, den Ulrich partout nicht verstand. So spielte er stattdessen den in diesem Stellungstyp üblichen Standardzug. Einige Zeit später kam er auf die Idee einen Springer von Jonah zu fangen. Das wäre eine gute Idee gewesen. Geradezu eine teuflische, und sie hätte auch geklappt wenn, ja wenn er Carlsen gefolgt wäre.

Dies führte bei Ulrich zu zwei Erkenntnissen. Erstens, bei Magnus Carlsen musste es sich wohl um einen starken Spieler handeln. Und zweitens, wenn ein Weltmeister das nächste Mal einen Zug vorschlägt, dann wird Ulrich diesen auch dann ausführen wenn er ihn nicht versteht, in der Hoffnung, dass dessen Geheimnis in der Partie noch offenbar wird. Immerhin war Ulrichs Zug noch gut genug für ein Remis.

Danach brachte uns Alexander in Führung. Nach der Eröffnung stand er vielleicht gar nicht so toll, aber schnell übernahm er das Kommando. Mit geduldigem aber druckvollem Spiel ließ er Michael zum Felde keine Chance. Eine erstaunlich reife Leistung für einen so jungen Spieler.

Das nächste Remis am Brett von Thomas und Matthias Thanisch. Ich hatte den Eindruck, dass die Stellung von Thomas mehr als anrüchig war. Warum es dann doch recht zügig zur Punkteteilung kam entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht ein taktischer Trick oder aber meine Stellungseinschätzung war mal wieder komplett daneben.

Es folgte ein gerechtes Unentschieden am Brett von Bernhard Weber und Klaus Peterwitz. Eine strategische Partie, die wohl nie das Gleichgewicht verlassen haben dürfte. Wolf Reimer hingegen hatte sich im Mittelspiel deutlichen Vorteil gegen Carsten Wollenweber erarbeitet, dessen er im Zeitnotgehacke dann aber wieder verlustig ging. So also auch dort Remis.

Andreas Hein stand gegen Bjarne Light unter Druck konnte diesen aber durch ein schlaues Bauernopfer abschütteln und schließlich Remis durch Dauerschach erzwingen. Bargteheide kam dann durch Jens Wolter gegen Tigran zum Ausgleich.

Tigran hatte sich eine Maroczy-Stellung aufgebaut. Bekanntermaßen gilt es dort den Durchbruch b5 zu verhindern. Dies unterließ Tigran, wenn auch nicht ohne Hintergedanken. Er eroberte dafür, allerdings für den zusätzlichen Preis von zwei Bauern, eine Qualität. Doch sein Gegner hatte einfach zu viel Spiel und konnte so in ein gewonnenes Endspiel abwickeln.

So war es nun also an mir den Aufstieg in die Oberliga zu entscheiden. Ich hätte gegen Hartmut Porth nach der Eröffnung deutlichen Entwicklungsvorsprung und machte mich daran die Stellung zu öffnen. Hartmut wusste sich nicht anders zu helfen, als unter Bauernopfer die Damen zu tauschen. Mein Mehrbauer war zudem noch ein gedeckter Freibauer. Auf der anderen Seite hatte mein Gegner einen starken Springer und zudem eine gute Blockadestellung. Konnte ich Fortschritte machen wenn Hartmut einfach nichts tut? Fritz sagt ja. Ob ich auch nur annähernd die von ihm vorgeschlagenen Züge gefunden hätte und ob Hartmut andererseits immer die zäheste Verteidigung gefunden hätte ist eine ebenso akademische wie sinnlose Frage. Denn ich hatte ein interessantes Figurenopfer gesehen. Und mit diesen Opfern ist es bei mir wie mit Boeuf Stroganoff. Einmal auf den Tisch (Brett) komme ich einfach nicht daran vorbei. Dies hat im Laufe der Jahre zu einer antiproportionalen Entwicklung meines Gewichts und meiner DWZ gefühlt. In diesem Fall hatte ich übersehen, dass Hartmut die Figur unter günstigen Umständen zurückgeben konnte. So verblieb ich in einem verlorenen Doppelturmendspiel. Hartmut ließ aber ein wenig Luft in die Sache und so konnte ich mich vorübergehend konsolidieren. Es kam zu einer Stellung, in der ich mich entscheiden musste, ob ich ein Turmpaar tauschen sollte oder nicht. Ich entschied mich für den Tausch. War das der entscheidende Fehler? Oder ließ ich danach noch gute Chancen aus? Oder war am Ende die Stellung so oder so verloren? Da nur noch weniger Steine auf dem Brett waren kann Ich diese Stellung sicherlich im Cheron oder einem anderen einschlägigen Endspielnachschlagewerk nachsehen. Das werde ich unverzüglich tun. Sofort! Gleich jetzt! Aber vielleicht halte ich es doch lieber mit Scarlett O ´Hara, die da dereinst sagte:„ Verschieben wir es auf Morgen!“