Heute, am 15. Juli, vollendet unser ehemaliger 2. Vorsitzender (1972 – 1973) Manfred Mädler das 90. Lebensjahr.
Manfred Mädler. Wer kennt ihn nicht? Jedenfalls, wenn man einigermaßen im bundesdeutschen Schachzirkus zu Hause ist.
Aufgewachsen in Dresden im Nationalsozialismus. Die Aufnahme ala Pimpf blieb ihm erspart. Seinem Vater gelang das Kunststück, die Funktionäre zu überzeigen, der Junge sollte erstmal Fußball spielen. In der nachfolgenden DDR hatte er bald genug von diktatorischen Zwängen und verließ 1952 (also noch rechtzeitig vor dem Mauerbau 1961) seine Vaterstadt in Richtung Bundesrepublik Deutschland.
Über Düsseldorf verschlug es ihn Anfang der 70-ger Jahre nach Lübeck, als er hier bei einer Firma für Büroeinrichtungen und Ladenbau beruflich (Leiter Öffentlichkeitsarbeit/PR-Manager) Fuß fasste.
Zur selben Zeit reifte in ihm aber schon der Wunsch, mit dem Aufbau einer Firma für Schachversand sich nicht nur ein zweites Standbein zu schafften, sondern auch, seine Schachleidenschaft (das war weniger das „Nahschach“, aber im Fernschach brachte er es immerhin zum IM-Titel) zum Beruf zu machen.
Mit zunehmendem Erfolg und so setzte er, wieder zurück in Düsseldorf, diesen zweiten beruflichen Lebensweg konsequent fort. In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt betreute er zudem die Schachspalten von 5 Tageszeitungen, inkl. des „STERN“.
1989 lernete er Monika kennen. Eheschließung 5 Jahre später. Mit dem Fall der Mauer bekam Manfred in der Wendezeit sein Vaterhaus in Dresden-Blasewitz zurück, wo beide gemeinsam den Schachversandhandel bis heute erfolgreich betreiben. Ein schier unerschöpfliches Füllhorn von Anekdoten, die er einer interessierten Zuhörerschaft gerne immer wieder zu Gehör bringt.
Aber drehen wir das Rad der Geschichte nochmal rund 50 Jahre zurück.
1973 Watergate-Affäre und Ölkrise. Die Bilder leerer bundesdeutscher Autobahnen sind die ikonischen Bilder des Jahres.
Auch für den LSV ein Jahr fundamentaler Wegweisungen. Viele Jahre war das „Turnerschaftshaus“ in der Lübecker Innenstadt unser Vereinslokal. Jetzt wurde es umgebaut und wir mussten uns etwas Neues suchen. Zugleich fiel in dieses Jahr der 100. Vereinsgeburtstag.
Turbulente Wochen hatte der Vorstand zu bewältigen. 1 Jahr zuvor hatte die Mitgliederversammlung Manfred zum 2. Vereinsvorsitzenden gewählt und ihm zugleich die Bewältigung der hier umschriebenen Aufgaben ans Herz gelegt.
Ein neues Vereinslokal zu finden, erwies sich als ziemlich herausfordernd. Sogar der damalige Lübecker Sportsenator Sternfeld wurde bemüht und dieser besuchte uns auch tatsächlich an einem Spielabend, um die Lage zu besprechen.
Manfred Mädler (links) im Gespräch mit Senator Sternfeld. Die vielen Biergläser auf dem Tisch hatten allerdings die beiden Gesprächspartner nicht alleine zu verantworten.
Das bevorstehende 100-jährige hatte natürlich auch dazu beigetragen, dass man sich auf sportpolitischer Seite bemühte. Das Engagement der Obrigkeit trug seinerzeit allerdings nicht die wünschenswerten Früchte. Doch kurz darauf fanden wir doch in den Räumen der Lübecker Rudergesellschaft in der Hüxtertoralle eine neue Heimstatt.
Der Einsatz unseres 2. Vorsitzenden, unser „Hundertjähriges“ angemessen zu begehen, war vorbildlich. Eine Festschrift wurde erstellt und im Travemünder Kursaal ein großes „Open“ für Viererteams organisiert, welches von Königsspringer Frankfurt gewonnen wurde. Der damalige Frankfurter Mäzen Kurt Hechinger und Spieler wie Wolfram Bialas, Karl-Heinz Maeder oder Dieter Mohrlok sind mir noch gut in Erinnerung.
Die Lübecker Nachrichten berichtete:
Höhepunkt war ein abendlicher Festakt in eben diesen Räumen.
Die Anstrengungen hierfür waren nicht ohne und Manfred selbst erinnerte sich gut:
„Die Vorbereitung hatte meine Nerven ganz schön strapaziert. Noch am Sonntag nach dem Festabend im Großen Travemünder Kursaal bin ich damals für eine Woche nach Goslar in den Harz gefahren, um mich zu erholen. Wir hatten viel geplant, aber einige Projekte standen auf wackeligen Füßen. Der Festabend sollte um 20.00 Uhr beginnen und von der Kurkapelle, die wir verpflichtet hatten, war weit und breit noch niemand zu sehen. Tagsüber fielen die skandinavischen Teams aus. Die Schachfreunde hatten während der Überfahrt zu stark in die Gläser geschaut. Der Festabend litt darunter, dass während der Ansprachen leider viele Schachfreunde lieber dem Blitzspiel huldigten, was natürlich einige Redner sehr übelnahmen. Es gab prominente Gäste. Lothar Schmid wusste viel zu erzählen. Er hatte am Freitag zuvor gegen die Jugend simultan gespielt, sich aber für sein Können gut bezahlen ließ. Es gab einige Geldspender. Dr. Steen (Anm.: langjähriger Verbandspräsident Schleswig-Holstein und 1. LSV-Vorsitzender 1949-1969; danach Ehrenvorsitzender) hatte nämlich befürchtet, dass wir uns übernehmen. Ganztägig bekamen wir den Kursaal und am Abend die Kapelle kostenlos. Ich war mit den Verantwortlichen der Kurverwaltung befreundet.“
Beenden wir hier unsere kleine Zeitreise. Zur Auffrischung des Gedächtnisses noch zwei Fotos zu damaligen Vorstandsarbeit:
Das Sparschwein wird geleert. Der Verein braucht jeden Pfennig.
Von links: Jugendsprecher Rüdiger Drews, 1. Vorsitzender Gernot vom Ende, 2. Vorsitzender Manfred Mädler, 1. Kassenwart Jürgen Jablonsky.
Der Vorstand tagt trotz Advent.
Von links: Jugendsprecher Rüdiger Drews, Gunter Hamann (Landesmeister 1969), 1. Vorsitzender Gernot vom Ende, 2. Vorsitzender Manfred Mädler, Turnierleiter Eckhard Stomprowski, 1. Kassenwart Jürgen Jablonsky, 2. Kassenwart Hans Sommer und Jugendwart Klaus-Jürgen Mick.
Nun sind seit dieser Zeit mehr als ein halbes Jahrhundert ins Land gegangen. Mittlerweile durfte der Verein bereits sein 150-jähriges Jubiläum begehen.
Vorstand und Mitglieder des LSV wünschen dem Jubilar noch viele gesunde Schaffensjahre mit seiner Monika!