Auch die schönste Schachreise geht einmal zu Ende. Nach elf Tagen in der schönsten Stadt der Welt ist das Lübecker Senioren-Team wieder auf dem Weg in die Heimat, allerdings zu spät, um an dem Schnellturnier teilzunehmen, das im LSV durchgeführt wird.
Unabhängig davon ist bei allen vier Teilnehmern die Lust auf Schach zumindest vorübergehend nicht mehr so ausgeprägt wie vor dem Turnier. Neun Runden an neun Tagen mit einem Ruhetag sind anstrengender, als man denkt. Ein Grund könnte sein, dass es mit zwei Ausnahmen keine kurzen Remisen gab, und es war vermutlich kein Zufall, dass diese in der letzten Runde vereinbart wurden.
Die erste Erkenntnis unserer Premiere bei einem Seniorenmannschaftsturnier: Beim nächsten Mal sollten wir zu fünft antreten, was den Gegner auch die Vorbereitung erschweren würde. Zwei weitere Ruhetage wären sehr angenehm gewesen.
Die zweite Erkenntnis: Auch die älteren Semester bereiten sich intensiv auf die Partien vor. Mein Gegner aus Südafrika spielte eine Variante, gegen die ich in der abgelaufenen Zweitliga-Saison bereits Schwierigkeiten hatte, und er verbesserte eine noch ältere Vorgängerpartie von mir. Mein Gegner von England 1 erklärte mir nach der Partie, dass er schon sehr lange auf die Gelegenheit gewartet hätte, den ebenso überraschenden wie starken Zug …Dg5 in einer Turnierpartie anzubringen. Und gegen USA 2 führte mein Gegner den noch nie gespielten Zug h4 in einer als ausgeglichen geltenden Stellung aus und bezeichnete das nach der Partie als einen „tricky move“.
Die dritte Erkenntnis: Analysen nach der Partie sind bei FIDE-Turnieren anscheinend unerwünscht. Im Turniersaal herrschte völlige Stille, und die kurzen Gespräche im Eingangsbereich wurden meistens sehr zügig von einem der zahlreichen Schiedsrichter unterbunden. Es gab zwar einen Analyseraum, aber der Aufenthalt hatte zur Folge, dass man nach der Partie nicht mehr in den Spielsaal zurückkehren durfte.
Schachlich betrachtet verlief das Turnier wie erwartet: Wir haben gegen alle stärkeren Mannschaften verloren und gegen alle schwächeren gewonnen, bestätigten damit unseren Setzlistenplatz 12 und waren die beste deutsche Mannschaft. Mit Ausnahme von mir waren alle zufrieden mit ihren Partien und Ergebnissen, insbesondere Christoph hat gezeigt, dass seine aktuelle Wertungszahl nicht seiner Spielstärke entspricht.
Um das abschließend noch einmal zu sagen: Das Turnier war exzellent organisiert und durchgeführt, der einzige Kritikpunkt gilt der Siegerehrung, die deutlich zu lang ausfiel. Wir werden uns im kommenden Jahr überlegen, ob wir wieder an einem der internationalen Seniorenturniere teilnehmen. Zur Auswahl stehen die Einzel- und Mannschaftsweltmeisterschaften auf europäischer und auf Weltebene. Die nächste Seniorenmannschaftsweltmeisterschaft findet im Februar in Prag statt, also an einem schönen Ort zu einer nicht so schönen Zeit. Von mir gibt es eine klare Empfehlung für die Teilnahme an Seniorenturnieren, und ich habe den Verdacht, dass meine Mannschaftskameraden das genauso sehen.
Nachfolgend die üblichen Links und einige Partien.