Schenkt LSV Meister Kücknitz/Travemünde die Titelverteidigung?

Vermutlich war es ein Titelkampf. LSV 8 im zweiten Saisonspiel, dabei mit einem fetten 6:0- Auftaktsieg im Rücken. Die SG Kücknitz/Travemünde war am ersten Spieltag spielfrei und startete nun in das Projekt Titelverteidigung. Erfolgreich, muss man nach dem Wochenende sagen, denn der amtierende Meister fuhr einen 3,5:2,5-Sieg ein.

Aus eigener Kraft kann der LSV den Titel nicht mehr holen. Dass wir verloren haben, daran ist die Bahn schuld. Mal davon abgesehen, dass das ein guter Grund ist, stimmt das auch noch. Wäre sie nur eine Minute eher da gewesen, die Bahn, Martin hätte nicht auf Zeit verloren. So musste er gegen Jörg Gerstel gleich 16 Züge bis zur Zeitkontrolle in zehn Sekunden schaffen. Das geht technisch kaum und wenn doch, dann meist nur unter schweren Verlusten zu schaffen. Martin schaffte es nicht. Naschön, wer Meister Herrnkind kennt, weiß schon, dass er gerne einmal in Zeitnot gerät – dabei aber immer noch akkurat die Züge aufschreibt. Mit einer pünktlichen Bahn wäre die Zeitnot vielleicht später aufgetaucht. Jedenfalls war das die Niederlage zum Endstand von 2,5:3,5. Okay, ganz so leicht ist die Erklärung doch nicht. Aber Martin hing in der Bahn fest und konnte erst eine dreiviertel Stunde nach Beginn das Spiellokal erreichen.

Da führten wir schon mit (fast) mit 1:0, auch wenn der Punkt schon im Spielbericht vermerkt war. Denn der Meister hatte ein Brett freigelassen wegen einer kurzfristigen Erkrankung. Ui, der traut sich was gegen uns, der Meister. Es traf hier Werner Erfkamp gegen Malte Olßon. Weil Werner kaum eine Sekunde saß, als die kampflose Partie verkündet wurde, stand er auch schon wieder auf und deshalb kann ich wieder nichts zu seiner Partie sagen, weil ich – wie im ersten Ligakampf – nichts davon gesehen habe. Das ist auch so ein Grund für unsere Niederlage: Mit so einer Führung im Rücken, da wird man doch leichtsinnig. Die anderen Punkte werden schon kommen. War es so bei Frank Jankowiak gegen Andreas Kuhlmann? Denn nach einer knappen Stunde fiel an diesem Brett der Ausgleich, weil Frank nach einer kleinen Kombination eine Figur eingebüßt hatte. Schadeschadeschade.

sdv.jpg

Schlussstellung Jankowiak – Kuhlmann (nach …Lc5xSd4)

Dann kommt noch ein Grund, weil wir verloren haben. Und das ist der schlimmste Grund von allen: Ich. Ich hat nämlich keine Ahnung vom Schachspiel. Ja, wirklich. Ich stellt sich einfach mal so hin, weiß dann nichts mehr mit seinen Figuren anzufangen und spielt eine Zugwiederholung. Ackern muss man doch am Brett, die Figuren in die gegnerische Stellung bohren, die Festung zermalmen und das arme Geschöpf, was einst meinte, ein würdiger Gegner zu sein, hinterher auch noch verhöhnen. Also, ich hatte kaum mehr als Ausgleich erreicht und Andreas Hinz drohte immer, die Stellung einmal zu öffnen. Dann würde sein Läuferpaar vermutlich sehr gut zur Geltung kommen. Und wie gesagt, ich stand ganz gut, die Figuren wirkten ganz passabel, aber ich wusste nicht, wie auch nur eine einzige Figur sinnvoll umgruppiert werden sollte. Am liebsten hätte ich die Stellung eingefroren – und dazu kam eine Zugwiederholung ganz recht.

uoehfweruef.jpg

Hier kam es zur Zugwiederholung Ta3 Lc1 Ta8 Le3 zum 1,5:1,5-Zwischenstand. Ich wollte mit den Türmen Druck auf a2 aufbauen (evtl. auch über den Le6 und Sa5 auf b3). Ansonsten finde ich, dass meine Figuren gut stehen – aber ich wusste nicht, wie ich sie umgruppieren sollte. Im Gegenzug hatte ich Sorge vor f2-f4 von Weiß. Das Zentrum öffnet sich kräftig und ich hatte dann Respekt vor dem Läuferpaar. G7-g5 traute ich mich nicht, ebenso nicht b5 und d4 schien mir auch nicht sicher zu sein – auch wieder gegen f4 (notfalls auch nach dem Tausch auf d4). Daher die Zugwiederholung.

Übrigens hat es rund 30 Jahre gedauert, bis ich mal wieder gegen Andreas Hinz gespielt habe. Damals war es Post III gegen Kücknitz, die Partie endete wohl unentschieden. Damals wie heute ein gerechtes Ergebnis. Mahlwerke gab es dagegen an den Bretten fünf und sechs zu sehen. Albert Gruber gegen Miriam Afshar wirkte echt wie eine Kaffeemühle: Oben die Bohnen rein, die sich unten sammeln und lustig hin und her hüpfen, sich wehren, entkommen wollen, hoffen, bis sie schließlich doch von der ersten Zackenkrone erfasst, festgehalten, geknackt und zerrieben werden. Ganz klar war mir die Stellung nicht, aber wie Uli Krause am LSV-Tresen sagte: So muss man das machen: Immer aktiv die Figuren nach vorne ziehen, wird schon gutgehen. Albert hat jedenfalls ganz kreativ angegriffen und am Ende einen doch schönen Sieg errungen.

Schön aktiv hat auch erneut Nicole Freytag ihre Partie gespielt. Steven Hannemann gab bald eine Figur für zu wenig Bauern. Allerdings pochte er auf einen enormen Zeitvorteil von 30 Minuten gegen fünf Minuten bei noch rund zwölf Zügen. Grundsätzlich ein überschaubares Problem, aber jeder Schachspieler hat das schon mal erlebt: Die Stellung verschwimmt vor den Augen, man sieht die irrwitzigsten Drohungen (und übersieht Drohungen), die Zeit verrinnt und die eigenen Züge verdienen bald nicht mehr die Bezeichnung Zug. Was soll man sagen: Nicole verlor in Gewinnstellung die Übersicht und die Nerven und kassierte ein Grundreihen-Matt. Schadeschadeschade.

Ich hatte übrigens auch deshalb das Remis gewählt, weil in den beiden Partien schon was rüberkommen sollte, jedenfalls etwas mehr als in der eigenen Partie. Das nennt man wohl die Verantwortung umschultern. Es hängt eben oft alles von an einem Zug ab und daher bin ich der Meinung, dass die Bahn an der Misere die Schuld trägt. Oder der Kanzler. Aber der wird sich bestimmt nicht daran erinnern, an das LSV-Vereinsheim. Glückwunsch aber an Kücknitz/Travemünde zum verdienten Sieg. Das sieht doch für euch wieder ganz vielversprechend aus.

Für uns geht es Anfang Januar weiter, dann mit einem Auswärtsspiel bei SC Fehmarn