Das 150-jährige Jubiläum unseres Vereins hat uns naturgemäß bereits im vergangenen Jahr beschäftigt - große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus, und bei diesem außerordentlichen Ereignis waren diese Schatten besonders lang. Auf mehreren Vorstandssitzungen wurden die diversen Ideen diskutiert, und auch die Mitglieder duften in einer Umfrage abstimmen, welche davon umgesetzt werden sollen. Am Ende blieb eine einstellige Zahl von Aktionen übrig, von denen sich die spannendste (ein Schach-Cafe in der Lübecker Innenstadt) leider nicht umsetzen ließ, weil die dazugehörige Initiative der Hansestadt Lübeck anscheinend versandet ist.

Der naheliegende Gedanke, anlässlich des Jubiläums das zu tun, was wir am besten können, also die 32 Figuren auf den 64 Feldern zu bewegen, fand sowohl im Vorstand als auch bei den Mitgliedern einhellige Zustimmung, und die Konkretisierung dieser Idee in Form eines Mannschaftsturniers lag in gewisser Weise auch auf der Hand, weil man auf diese Art und Weise die Vereine einladen konnte, mit denen wir in den letzten Jahr(zehnt)en die engsten Kontakte hatten. Die Struktur unseres Vereins (220 Mitglieder, davon etwa die Hälfte im Jugendbereich) führte logischerweise dazu, dass wir zwei Mannschaftsturniere an zwei Tagen ausrichten wollten, einmal für den Nachwuchs und einmal für die ältere Generation. Der letzte Feinschliff war die Aufsplittung des Jugendturniers in die beiden Altersklassen U 14 und U 20. Die Frage nach dem Termin wurde durch die intensiven Recherchen unseres Mitgliedes Martin Herrnkind beantwortet, der unter anderem herausgefunden hat, dass die Gründung unseres Vereins am 17.September 1873 in "Kiesewetter's Gasthof" in der Mühlenstraße vollzogen wurde. Martin hat auch noch eine Menge anderer Dinge herausgefunden, die wir noch auf unserer Webseite veröffentlichen werden.

Jubilaeum

Die nächste Aufgabe bestand darin, die Vereine zu den Turnieren einzuladen. Auch das erfolgte zweigeteilt, denn nicht alle Vereine, mit denen wir schon sehr lange freundschaftlich verbunden sind, verfügen über eine schlagkräftige Jugendabteilung, und umgekehrt gibt es einige Vereine mit aktiver Jugendarbeit, aber (noch) keiner langen Vereinsgeschichte. Mitte Juli wurden die Einladungen verschickt und wenig später dann auch die Abfrage an unsere Vereinsmitglieder, wer die Lübecker Fahnen bei den Turnieren hochhalten möchte. Die anderen organisatorischen Anforderungen (Suche nach einem Spiellokal und einem Caterer) wurden dadurch gelöst, dass der Sohn des Rektors des Johanneums zu Lübeck Mitglied im Lübecker Schachverein ist. 

Long story short: Es wurden eine Menge E-Mails durch die Weltgeschichte geschickt, und die Zahl der E-Mails pro Tag stieg in den letzten Wochen vor dem Turnier kontinuierlich an. Einige kommunikative Pannen aufgrund veralteter Daten auf den Webseiten der eingeladenen Vereine wurden kurz dem Turnier gelöst, eine andere ergab sich daraus, dass ein Verein zu allen drei Turnieren eingeladen wurde, wodurch die Einladung zum offenen Turnier anscheinend nicht den richtigen Empfänger fand. Schließlich und endlich hatten 13 Mannschaften für das Jugendturnier zugesagt (die beiden Turniere U 14 und U 20 wurden aufgrund der Anzahl der Rückmeldungen zusammengelegt) und 22 Mannschaften für das offene Turnier. Vom LSV waren vier Jugend- und sechs Erwachsenenmannschaften am Start. Ich wurde zu Beginn des Turniers am Sonntag darauf hingewiesen, dass keiner der eingeladenen Vereine eine Frau mitgebracht hatte, was ich mit dem Verweis auf dieselbe Anzahl Lübecker Frauen beantwortet habe. Eines der Hauptprobleme des Schachsports konnte also auch bei unserem Turnier wie unter einem Brennglas betrachtet werden. Beim Jugendturnier sah es besser aus, aber auch dort war die Anzahl der teilnehmenden Mädchen im einstelligen Bereich.

 Die beiden Turniere wurden mit neun Runden Schweizer System gespielt bei einer Bedenkzeit von 10 Minuten pro Spieler und Partie mit drei Sekunden Inkrement. Da ich am Sonntag selber mitgespielt habe, kann ich mir ein fundiertes Urteil erlauben: Eine Runde dauert dann inklusive Auslosung der nächsten Runde ziemlich genau 30 Minuten, was die Zeitplanung erleichtert, und die Bedenkzeit ist ein guter MIttelweg zwischen Blitz- und Schnellschach, das heißt, man kann ab und zu etwas nachdenken, aber im Wesentlichen geht es um Intuition ohne das beim Blitzen häufig auftretende Gehacke am Ende der Partie - zwei bzw. drei Sekunden machen da schon einen Unterschied.

Beide Turniere wurden durch die Fairness aller Spieler geprägt, und trotz des ansehnlichen Preisfonds (insgesamt 2000 Euro) gab es keine Proteste. Eine bezeichnende Situation ergab sich im Kampf Lübeck gegen Schwerin, als ein Schachgebot des Schweriners vom Lübecker nicht bedient wurde. Als der Lübecker daraufhin einige Figuren aufs Brett stellte, kam ein Hinweis von einem der Zuschauer, dass unmögliche Züge die Partie nicht beenden (das hatten wir so festgelegt), woraufhin der Schweriner die Partie aufgab, weil die Stellung für ihn verloren war.

Beide Turniere fanden am Ende verdiente Sieger, und in allen drei Kategorien waren auch Lübecker Mannschaften unter den Preisträgern, ohne den ersten Platz zu belegen - wie es sich für einen guten Gastgeber gehört. Nach meinem Eindruck waren am Ende alle zufrieden und auch die Beteiligung an der Siegerehrung war deutlich höher als üblich. Vielen Dank an alle Vereine, die an unseren Jubiläumsturnieren teilgenommen haben, und vielen Dank an alle Lübecker, die beim Auf- und Abbau mitgeholfen haben. Ein spezieller Dank geht an den Turnierleiter Philipp Stülcken, der sich auch von schlechten Handschriften und verzögerten Ergebnismeldungen nicht aus der Ruhe bringen ließ. Und wir bedanken uns auch bei den Vereinen, die uns ein Präsent überreicht haben, insbesondere beim Schachverband Schleswig-Holstein, dessen Präsident Dirk Martens eine schöne Rede gehalten hat.

Früher waren solche Mannschaftsturniere extrem populär, ich erinnere mich gut an das Maiturnier der KSG in Schilksee oder das Bremer Adventsturnier, beides in den 90er Jahren. Nach dem erfolgreichen Verlauf dieses Wochenendes gibt es erste Überlegungen für eine Verstetigung dieser Veranstaltungen. Vielleicht sehen wir uns im kommenden Jahr wieder, wir würden uns sehr darüber freuen! Nachfolgend noch die Endstände beider Turniere und einige Bilder vom Sonntag.

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