Noch gezeichnet von den erschütternden Ereignissen der letzten Minuten und den Strapazen der beschwerlichen Reise wollten wir uns schließlich entspannt in unseren wohlverdienten Schlummer begeben. Doch wir befinden uns erst am Anfang des kräftezehrenden Albtraums, der schaudervollen Geisterbahn, des zähneklappernden Horrorthrillers.
Kaum berührte Philipp den oberen Saum des Bettes, öffnete sich eine Falltür und er fiel in die Unendlichkeit der bodenlosen Leere des Hexenhauses. Nur unter maximaler Anstrengung der Zimmergenossen konnte er aus der Substanzlosigkeit entfliehen. Wie drei Kreidegesichter schauten wir uns die Lädierung an.
Nach dem schweißtreibenden Tag vernahmen wir das Bedürfnis, eine Kleinigkeit zu schnabulieren und unseren Magen mit Speis und Trank zu füllen. Durch den Zaubertrankkorridor mussten wir somit zwangsmäßig die Hexenküche ausfindig machen. Es erwartete uns ein bestialischer Gestank. Über der knisternden Feuerstelle stand ein riesiger, gusseiserner Kessel, der mit einer grünlich blubbernden, schlammartigen Substanz gefüllt war. Wir vermochten uns gar nicht vorstellen zu wollen, für wen dieses Gebräu bestimmt war. Obwohl wir die schier endlosen Schubladen gründlich durchforstet hatten, fanden wir nur spärlich passende Küchenutensilien. Die undefinierbaren Reste der Vorbesitzer mussten wir noch beseitigen, bevor das Kocherlebnis beginnen konnte. Während das Wasser zu brodeln begann stellten wir uns viele Fragen über unsere Zukunft und die wichtigen Dinge im Leben, beispielsweise die Frage:
„Heißen Teigwaren Teigwaren, weil sie mal Teig waren?“
Trotz des bedrückenden Ambientes schafften wir es dennoch, uns die gefüllten Teigtaschen schmackhaft zu gestalten.
Dies war das letzte kulinarische Wunder, welches in dieser Küche zusammengebraut wurde (siehe Fortsetzung).
Verstohlen schlichen wir uns aus der Kombüse in unseren düsteren Kerker zurück und blieben dabei glücklicherweise den Augen des Hausgeistes verborgen, nur vor dem dreiköpfigen Hund erschrak sich Joa mehrfach. So behutsam wie möglich ließen wir uns in die Schlafkojen nieder, schon die kleinste Bewegung könnte eine fatale, unumkehrbare Kettenreaktion auslösen.
Mitten in der Nacht sind wir urplötzlich von nicht-definierbaren, angsteinflößenden Schritten vor den glaslosen Fenstern aufgeschreckt. Versuchte etwa jemand, eine Leiche im Schlossgarten zu verscharren? Nein, es war nur der Hausdämon bei seinem nächtlichen Kontrollgang durch die heiligen Hallen seines Reviers. In diesem Moment beging Boris den leichtsinnigen Fehler, sich in seinem Holzgestell umzudrehen, um dem Dämon besser in Augenschein zu nehmen. Umgehend bekam er die Quittung für dieses folgenschwere Unterfangen und das Gerüst fiel wie eine perfekt gestimmte Tonleiter unter ihm zusammen.
Unseres restlichen Schlafes beraubt wollten wir uns mit einer kalten Dusche behelfen, um wach in die Doppelrunde starten zu können. Jedoch ahnten wir nicht, was der Hausgeist mit den anderen Insassen für uns geplant hatte. In dem Moment, in dem wir den Zugang zur Badestube öffneten, kam uns eine sintflutartige Welle entgegen. Von einigen lebenden Organismen begleitet wagten wir uns durch das knöchelhohe, unsaubere Gewässer zur Dusche. Während dem Duschvorgang begleitete uns ständig das beklemmende Gefühl, von anderen mysteriösen Kreaturen umgeben zu sein. Mit letzter Kraft gelang es uns, das angsteinflößende Gelände zu verlassen und fast rechtzeitig zur Partie zu erscheinen.
Was bei der Rückkehr am Abend auf uns wartete, erfahrt ihr beim nächsten Mal…