Der Gang in die Landeshauptstadt war für unsere Mannschaft nicht mit unrealistischen Erwartungen verbunden. Ausschlaggebend der doch erhebliche Rating-Unterschied. Die Nr. 18 der spielberechtigten 3. Mannschaft mit dem etwas sperrigen Vereinsnamen „SK Doppelbauer Kiel von 1910 e.V. (vorm. auch Turm Kiel)“ war doch erheblich. Die Nr. 18 (!) ihrer Meldeliste - an Brett 8 mit Weiß Gegner von Martin Herrnkind - hatte noch 1952 DWZ, die ersten 5 Bretter immerhin über 2120.
Zudem konnten wir diesmal nicht auf unsere topgemeldeten Acht zurückgreifen. Frühzeitig war bekannt, dass Stephan Schiebuhr und Andreas Teska pausieren müssten und kurzfristig war auch noch Jörg Bohner zu ersetzen.
Allerdings lagen wir um 11.00 Uhr 1:0 durch Max Dörp vorn, da unsere Gastgeber Brett 4 frei gelassen hatten. Das blieb an diesem Sonntag leider auch unser einziger voller Punkt. Durch Sergey Salov, Wolfgang Schwerdtfeger und Martin Herrnkind gesellten sich noch drei Punkteteilungen zum alles in allem nicht ungerechtfertigten Endstand von 2,5:5,5.
Dennoch hielt diese Begegnung noch ein besonderes Schmankerl bereit und zwar an Brett 8, wo sich Martin Herrnkind (Schwarz) mit dem Kieler Gunnar Dittrich auseinander zu setzen hatte.
Soweit ich vom Kampfverlauf überhaupt etwas konkret mitbekommen hatte, hier eine Übersicht – zunächst über die ersten 7 Bretter.
Brett 1
Sergej Salov hatte es mit der Caro-Kann Verteidigung zu tun (... 4.Sxe4 Sf6 5.Sxf6 exf). Die Partie blieb die ganze Zeit über ausgeglichen - remis.
Brett 2
Boris Gruzmann hatte Königsindisch auf dem Brett. Lange Zeit eine ruhige Positionspartie, nach Tausch mehrerer Figuren und auch der Damen konnte er die Partie gegen die weißen Freibauern auf der c- und d-Linie (nach einem zwischenzeitlichen Turmopfer) nicht mehr halten.
Brett 3
Heiko Rickert mit einem ruhigen, sicheren Eröffnungsaufbau plus Raumvorteil im Mittelspiel gegen eine sehr passive Aufstellung des Schwarzen. Nach Abtausch einiger Figuren und Bauern konnten beide einen Springervor posten etablieren (Weiß auf f5, Schwarz auf f4). Viel später fand sich Heiko in einem schwierig (und letztlich nicht) zu haltenden Endspiel wieder.
Brett 4
Kampfloser Punkt für Max Dörp.
Brett 5
Ich konnte nach einer Eröffnungs-Ungenauigkeit meine Felderschwächen am Damenflügel nicht 'reparieren' und fand mich letztlich in einem verlorenen L- Endspiel wieder.
Brett 6
Idriz Blaka musste aus der Eröffnung heraus mühsam eine passive Stellung verteidigen und büßte im Mittelspiel ohne hinreichende Kompensation die Dame ein.
Brett 7
Wolfgang Schwerdtfeger musste sich nach ruhigem und ausgeglichenen Eröffnungsverlauf gegen den heraufziehenden Angriff seines Gegners verteidigen, was ihm gut gelang. Das entstehende Endspiel wurde schließlich remis vereinbart.
Damit kommen wir zum eigentlichen „Sinn“ dieses Berichtes. Eine ungemein fesselnde Partie, die wohl alle Anwesenden in ihren Bann zog.
Brett 8
In einem Sizilianer (wie so oft auf Leben und Tod!) konnte der Kieler Dittrich - nach einer Ungenauigkeit von Schwarz - auf d6 einen Turm (!) mit Schach opfern, wonach sich der schwarze König ohne Bauernschutz und quasi blank im Zentrum wiederfand. Nach haarsträubenden Komplikationen und Ungenauigkeiten beiderseits – infolge horrender Zeitnot - und mehrmaliger Gewinnstellung von Weiß "überlebte" Martin sogar ein Abzugzugschach, weil Weiß noch einen Bauern mitnehmen wollte – ohne dabei den Angriff zu unterbrechen! - anstatt direkt auf Matt zu spielen.
Mit dem 38.Zug verspielte Weiß dann endgültig seinen Vorteil, und die beiden Kontrahenten „einigten“ sich auf remis durch Dauerschach.
Hier also der tollkühne „Ritt über den Bodensee“ (Anmerkungen von Martin Herrnkind und Ulrich Mittelbachert):
Endstand: 5,5 : 2,5 für Doppelbauer Kiel III. Keine Tragödie. Die Punkte zum Klassenerhalt müssen wir versuchen, in den drei ausstehenden Runden gegen die zurzeit letztplatzierten Mannschaften zu holen.