In der ersten Runde der Deutschen Schach Online-Liga (aka DSOL) hatten wir ein Heimspiel gegen den SC Bad Wimpfen, eine Paarung, die im normalen Schach vermutlich nie zustande gekommen wäre. Das ist meines Erachtens ein echtes Alleinstellungsmerkmal der bundesweiten Online-Liga, die ja im Wesentlichen aus der Idee heraus entstanden ist, die COVID-19-bedingte Pause im Spielbetrieb zu überbrücken. Ein anderer Vorteil ist, dass man live zuschauen kann, ohne dass man vor Ort sein muss. Last but not least ist es ganz angenehm, nach den unzähligen Blitzpartien der letzten zehn Monate auch mal wieder länger über eine Schachpartie nachzudenken. Long story short: Wir sollten die DSOL auch in den kommenden Jahren durchführen, dann aber hoffentlich als Überbrückung in der schachfreien Sommerpause!

Zurück zu unserem Kampf: Ein Heimkampf unterscheidet sich in der DSOL von einem Auswärtskampf nur durch die Farbverteilung. Die Heimmannschaft hat Schwarz am ersten und am vierten Brett. Wir boten unsere ersten vier Bretter auf, spielten also in der Aufstellung Krause-Stäblein-Sickmann-Fenski. Durch die Teilnahme von Lisa sank unser Altersdurchschnitt um etwa zehn Jahre - das gibt es wohl auch nur beim Schachsport. Hier die Paarungen im Einzelnen:

Brett 1: Ullrich Krause 2189 - Ulrich Schulze 2271
Brett 2: Christoph Stäblein 2113 - Bosiljko Jurkic 1997
Brett 3: Lisa Sickmann 1647 - Alexander Probst 1938
Brett 4: Matthias Fenski 1865 - Tomislav Brkic 1638

In Summe also eine ausgeglichene Angelegenheit, die einen spannenden Verlauf versprach. Und in der Tat ging der Kampf über die volle Distanz und blieb bis zum Schluss spannend!

Als erste war Lisa fertig. Sie war mit ihrer Partie zufrieden, hätte aber nach eigener Aussage aus ihrem leichten Vorteil im Mittelspiel mehr herausholen können als den Übergang in ein remises Bauernendspiel. Ich hatte Schwarz gegen IM Ulrich Schulze, der bei der Deutschen Jugendmeisterschaft 1968 gegen einen anderen Lübecker (Andreas Longwitz) verloren hatte, wie ich bei meiner Vorbereitung auf die Partie festgestellt hatte. Leider wich er bereits im vierten Zug von den Partien ab, die mir von ihm vorlagen, so dass ich danach improvisieren musste, um nach ruhigem Verlauf ein knappes Remis abzuklammern. Matthias und Christoph gewannen jeweils eine Figur (bzw. ihre Gegner hatten jeweils eine Figur geopfert), aber insbesondere bei Christoph war die Lage für einige Züge alles andere als klar. Nachdem sich der Rauch gelichtet hatte, stand Christoph dann aber doch klar auf Gewinn, so dass das Vorteilsremis von Matthias zum Zwischenstand von 1,5-1,5 keinen Schaden anrichtete - und der Gewinnweg war auch alles andere als einfach zu sehen.

Woher ich das alles so genau weiß? Christoph, Matthias und ich haben uns nach dem Kampf noch auf dem Discord-Server des Lübecker Schachvereins getroffen (was es heutzutage alles gibt) und die Partien gemeinsam mit Herrn S. Fisch analysiert. Diese Kombination kam einem Vereinsabend schon relativ nahe, aber wenn ich ehrlich bin, freue ich mich schon sehr darauf, diese Analysen wieder auf analogen Brettern vorzunehmen, auch wenn die schachliche Qualität dann vermutlich geringer sein wird...

Eine echte Neuerung war der Go-Live des Twitch-Kanals "Schachdeutschland TV", der mir aus naheliegenden Gründen sehr am Herzen liegt: https://www.twitch.tv/schachdeutschlandtv An dieser Stelle ein Dankeschön an die Verantwortlichen und insbesondere an Sebastian Siebrecht, der meines Erachtens genau der richtige Mann an der richtigen Stelle ist!

Hier noch die vier Partien zum Nachspielen - allerdings ohne die Stockfish-Analysen: