Am 17./18. November stand der zweite Doppelspieltag der Frauenligen an – in unserem Fall bedeutete das eine weitere Auswärtsfahrt nach NRW. Dieses Mal ging es allerdings „nur“ nach Steinfurt im nordwestlichen Münsterland. Sonnabends hatten wir gegen den gastgebenden SC anzutreten, sonntags dann das Duell mit den blauen Springern aus Paderborn. Letzteres war aus meiner Sicht eher dazu geeignet, vielleicht noch ein oder zwei Pünktchen für den Klassenerhalt einzuhamstern.
Vor dem Spiel steht die Anreise (vgl. auch die ausführliche Berichterstattung unseres großen Vorsitzenden zur Tour nach Mülheim a. d. Ruhr) – und die verlief dieses Mal beinahe reibungslos. Zumindest für den Lübecker Teil der Mannschaft. Alva, Alexandra, Anna (für Nicole in die Mannschaft rotiert) und die mannschaftsführende Berichterstatterin bestiegen am freitags entspannt einen noch beinahe menschenleeren IC nach Münster, wo 8 Minuten Umsteigezeit angesetzt waren. Gebannt verfolgte ich im Live-Ticker der Bahn-App den aktuellen Verspätungsstand, aber entscheidend ist ja bekanntlich aufm Bahnhof. Der Zauber, mit dem wir es schafften, den Anschluss zu erreichen, war so phantastisch wie die Verteilung der Gleisnummern am Münsteraner Hbf: Zwar blieben uns bei Ankunft lediglich 2 Minuten zum Umsteigen – durch einen geschickt gewählten Umweg bei dem wir erstmal nachschlugen, an welchem Gleis des denn nun weitergehen sollte, gelang es uns jedoch, die Zeit so weit zurückzudrehen, so dass wir die absolut pünktliche Regionalbahn letztlich ungefährdet erreichten. Ich trete wohl keinem Steinfurter zu nahe, wenn ich feststelle, dass unser Zielbahnhof Borghorst in der Dunkelheit nicht direkt einladend wirkt.
Glücklicherweise hatte ich unterwegs schonmal den Weg zum Quartier auswendig gelernt, so dass wir uns an diesem unwirtlichen Ort nicht weiter aufhalten mussten. Meine kleine Herde folgte mir in die Dunkelheit und noch vor 21 Uhr erreichten wir das Hotel, das ein paar Minuten außerhalb des Zentrums gelegen war. Fahrplanmäßig bereits vor Ort waren da bereits unsere beiden sympathischen Gastspielerinnen Irina und Katerina aus Rendsburg.
Sie waren bereits ein paar Tage vor uns aufgebrochen, weil Katerina unterwegs noch kurz bei der WM U10w in Santiago de Compostela spielen wollte (dabei sammelte sie in 11 Runden 6,5 Punkte ein!) Dafür, dass die beiden schon vor Sonnenaufgang hatten aufstehen müssen (was Ihnen nicht ganz gelang, aber das ist schon wieder eine andere Geschichte) und später noch wegen einer Bombe umgeleitet wurden, wirkten sie erstaunlich fröhlich. Vielleicht lag es auch daran, dass sie bei unserer Ankunft gerade im Begriff waren, das hoteleigene Hallenband aufzusuchen. Wir anderen hatten ausnahmsweise keine Badekleidung mit zum Auswärtsspiel genommen, aber irgendwas fehlt man ja immer!
Sonnabends wird erst um 14 Uhr gespielt, so konnte mir Irina nach dem Frühstück noch Eröffnungstipps geben (die ich später aus unerklärlichen Gründen nicht anwandte), während sich die Jugend auf ihre Weise vorbereitete. Gegen Mittag wagten wir uns raus in die Kälte. Auf dem Weg zum Spiellokal sammelten wir noch etwas Proviant ein und schlängelten uns dann in der Fußgängerzone noch an einigen Jecken vorbei, die teils verkleidet, teils uniformiert unterwegs waren. Keine besonderen Vorkommnisse also.
SC Steinfurt – Lübecker SV
Die Gastgeberinnen spielten mit ihren 5 besten plus Nummer 8. Wir boten mit Irina, Alva, Alexandra und mir an den ersten 4 Brettern – gefolgt von Katerina und Anna – ebenfalls fast alles auf, was wir aufbieten können. Im DWZ-Vergleich befand sich allein Irina auf Augenhöhe mit Ihrer Gegnerin, wir anderen mussten um 200 und mehr Punkte aufschauen. Ich dachte an die aufmunternden Worte unserer lieben Ersatzspielerin Andrea vor der letzten Doppelrunde. Sinngemäß: Für die ist es genauso unangenehm gegen Euch zu spielen, wie für Dich gegen eine 1300 oder 1400. Und waren nicht Alva und Alexandra zuletzt wirklich so unangenehm gewesen, Ihren mutmaßlich deutlich stärkeren Spielerinnen kräftig Punkte abzunehmen? Nun, während Irina solide Remis erspielte, hatte Alva dieses Mal keinen Zugriff auf Ihre Zauberkräfte (Ihre Zug-Hand war bandagiert und mit Links war ihre Gegnerin leider nicht zu schlagen). Alexandra hingegen luchste ihrem Gegenüber bei eigener Zeitnot eine dreimalige Stellungswiederholung ab. Großes Kino, an dem ich leider nicht teilhaben konnte, da ich zu dem Zeitpunkt bei prekärer Stellung selbst nicht mehr viel auf der Uhr hatte. Als ich annahm, dass bereits alles verloren sei, startete ich noch ein Panik-Opfer, das die Sache aber natürlich nicht aufhielt, sondern vielmehr beschleunigte. Kurz zuvor war Katerina in guter Stellung ein Turm über Bord gegangen, immerhin mehrzügig. Eine Weile nach meiner Aufgabe reichte auch Alva die Hand übers Brett. Anna bestritt unterdessen noch ein Endspiel, in dem man sich schließlich bei ungleichfarbigen Läufern auf Remis einigte. Ein schöner Einstand für sie in dieser Liga – trotzdem blieb es natürlich eine deutliche Klatsche für unsere Mannschaft: 1,5:4,5.
Beim Abendessen bestellte Anna ohne mit der Wimper zu zucken die halbe Speisekarte, was zunächst für ein lustiges Missgeschick gehalten wurde. Es stellte sich dann aber heraus, dass sie einfach nur zwei Teller weiter gedacht hatte als wir – im Kampf um den Klassenerhalt könnte am Ende jedes Gramm Winterspeck zählen, so ihre plausible Begründung! Zurück im Hotel fand sich die Jugend zu teambildenden Maßnahmen (Kartenspielen) zusammen, während ich an der Rezeption noch schnell erbettelte, das Frühstücksbuffet am Sonntag bereits um 7:30 Uhr zugänglich zu machen.
Nach schlafloser Nacht, während der ich im Lichtschein der Stand-by-Leuchte des Fernsehers unter anderem dreimal aufstand, um das Fenster auf (mehr Luft!), wieder zu (Radau auf dem Parkplatz!) und wieder auf (doch lieber Luft!) zu machen – war ich erleichtert, um 6 Uhr endlich aufstehen zu können. Beim Frühstück stellte sich dann heraus, dass es bei Alva und Alexandra im Zimmer alles noch viel schlimmer zugegangen war. Hier nämlich hatte es einen regelrechten Spuk gegeben. So behauptete die eine, morgens um 1 von der anderen geweckt worden zu sein, da sie bereits verschlafen hätte (oder so ähnlich). Die mutmaßliche Übeltäterin allerdings konnte sich glaubhaft an nichts erinnern. Da kein Licht in die Sache zu bringen war, erläuterte ich noch kurz, was ich mir in der Nacht für das Match gegen Paderborn ausgedacht hatte (vorne drei Punkte, hinten ein oder zwei Remis) und dann mussten wir auch schon los. Es war kalt, aber das half zumindest beim Wachwerden. Nach einer Weile hielt ein Auto neben uns – unser Schiedsrichter fragte, ob er helfen könne. Während Alva, Alexandra und Anna freudig einstiegen, lief ich mit Familie Bräutigam weiter. Auf die naheliegende Idee, unser Gepäck ins Schiri-Taxi zu laden, sind wir leider nicht gekommen…
Lübecker SV – Blauer Springer Paderborn
Die Paderbornerinnen, mit einem Altersdurchschnitt von 19 Jahren noch jünger als wir, traten mit 5 Leuten aus ihrer Top 6 an, hinten spielte mit ihrer Nummer 13 ausnahmsweise mal eine Spielerin, die weniger DWZ auf die Waage brachte als unsere Seite. Ansonsten waren wir wieder überall im Minus, wenn auch nicht so deutlich wie zuletzt. Da sollte doch was gehen!
Ein bisschen was ging dann auch, aber leider nicht genug. Kurzfassung: Alexandra gewinnt (hat damit jetzt starke 3 aus 4). Anna Remis. Irina verliert. Ich verliere. Katerina Remis. Und nach knapp 5 Stunden: Alva Remis (damit hat auch sie weiterhin eine Ausbeute von über 50%). Vom Spielverlauf habe ich bedingt durch mein schlechtes Zeitmanagement recht wenig mitbekommen, deshalb verweise ich hier einfach mal auf den Live-Ticker der Paderborner: https://www.blauerspringer.de/2018/11/2-frauen-bundesliga-2/.
Da unsere Zugverbindung erst nach 16 Uhr ab Steinfurt startete, lümmelten wir nach der knappen wohl vermeidbaren 2,5:3,5-Niederlage noch etwas im Spiellokal herum, halfen bei Abbauen – und warfen hin und wieder einen Blick in dieses Internet und zwar in den offiziellen Ergebnisdienst. Mülheim und Delmenhorst, unsere direkten Abstiegskonkurrenten, spielten gegeneinander und sorgten, wer hätte es gedacht, für die gute Nachricht des Tages: Sie trennten sich 3:3 und bleiben in der Tabelle erstmal beide hinter uns. Aufbruch! Vor der Bahnfahrt wollten wir uns noch kurz stärken und wählten hierfür einen Imbiss in besonderer Lage, nämlich direkt neben „Ede‘s Biercafé“.
Hatten wir ob der großen Ruhe der Bedienung zunächst erhebliche Zweifel, ob wir überhaupt bis 16 Uhr unser Essen bekämen, ging plötzlich alles so schnell, dass wir doch noch eine halbe Stunde in der Kälte auf die Bahn nach Münster warten mussten. Dabei begeisterte uns Anna einmal mehr mit einem sensationellen Schachzug: Hatte es zunächst noch für Unverständnis gesorgt, dass sie sich einen Döner hatte einpacken lassen, zeigte sich nun die ganze Raffinesse: das Ding eignete sich prima als Heizkissen!
Das wäre ein schönes Ende für diese Geschichte, doch leider muss ich noch einmal auf dich zu sprechen kommen, Deutsche Bahn! Dass die Nummerierung der Bahnsteige in Münster komplett undurchsichtig ist – geschenkt. Dass du uns damit verwirrst, dass von an ein und demselben Bahnsteig binnen 7 Minuten zwei ICs nach Hamburg abfahren sollen – geschenkt. Dass wir wieder mal kurz vor Abfahrt das Gleis wechseln mussten – auch geschenkt. Dass wir am neuen Gleis angekommen von einer Verspätung erfuhren, die es uns erlaubte, nochmal einen Kaffee zu holen – eigentlich ganz charmant! Aber, dass wir dann 2 Minuten vor der neuen Abfahrtszeit erneut die Treppen runter und an einem anderen Bahnsteig wieder hinaufstürzen mussten, nun in einer großen Menschenmenge und mit vollen Kaffeebechern in der Hand – geht’s eigentlich noch?! In Hamburg angekommen, mussten Irina und Katerina dann gleich den nächsten Sprint einlegen, um den geplanten Anschlusszug noch zu erreichen. Wir anderen hingegen hatten deutlich zu viel Zeit zum Umsteigen, was Alexandra dazu nutze, noch eine Runde kreischbunter Donuts auszugeben – Lübeck erreichten wir übrigens pünktlich.
Bereits am 9. Dezember spielen wir die 5. Runde bei Tabellenführer Kiel.