„Solltet ihr mich weinen hören, macht euch keine Sorgen“

2/3 des prestigeträchtigen Turniers in Dresden sind vorüber und es wird Zeit erste Bilanz zu ziehen. Seit Samstag spielen wir, dass Quartett aus Lübeck, Marco Frohberg, Max Dörp, Knut Kloerss und ich selbst, täglich um 14:00 Uhr eine Partie im Hotel Wyndham Garden.

Das Klima in unserer WG ist soweit angenehm, wir kochen täglich, entgegen der Erwartungen wird nicht bestellt oder ein naheliegendes Restaurant aufgesucht, nein, eine ausgewogene Ernährung als Grundlage für ein gutes Turnier. Wir waren mehrmals vor der Runde morgens im Schwimmbad (Mens sana in corpore sano) und etwas Sightseeing war tatsächlich auch schon dabei. Unsere Idylle in der sehenswerten Altstadt von Dresden, rund um die Oper herum, wurde jedoch leider von einem Roland Kaiser Konzert unterbrochen. 20.000 Zuschauer, direkt an der Elbe. Die spinnen, die Sachsen.

Wie dem auch sei, durch gemeinsame Vorbereitung und gegenseitige Motivation sind wir alle ungefähr im Soll, bzw. dort, wo wir uns eingeschätzt hätten.

Max weißt im C-Open solide 4/6 auf, durch ein falsch abgezähltes Bauernendspiel musste er heute leider seine erste Niederlage verkraften. Doch das Spitzenfeld nimmt sich momentan gegenseitig die Punkte ab, wodurch hier noch alles offen ist. Mit 7/9 wurden schon Turniere gewonnen!

Knut erspielte eine Klasse höher bislang knapp unter 50%, Highlights bei seinen 2.5/6 sind dabei zwei schöne Gewinnpartien, eine davon hier:

Knut Kloerss (1640) gegen Ben Ivy May (1692)

 

Zu diesem Zeitpunkt ein deutlicher DWZ-und ELO Zuwachs bei Knut, wenn er so weitermacht ist eine 1700er Zahl nach dem Turnier nicht auszuschließen. Meiner Meinung nach sowieso lange überfällig.

Ich selbst stehe bei 50%, 2 Siege, 2 Remis und 2 Niederlagen, eine davon mehr als unnötig. Um Marco zu zitieren „verlieren macht einfach nie Spaß.“

Apropos Marco, was treibt der eigentlich so? Gestern spekulierten wir noch bei einem kleinen Zwischenstopp zwischen Runde 5 und Blitzturnier, welches am Abend mit 103 Teilnehmern stattfand und Blitz-ELO Ausgewertet wurde, bei Subway über eine mögliche IM-Norm für unseren Coach, doch heute war alles was er nach der Runde zu sagen hatte „Ich bin in meinem Zimmer, weckt mich, wenn das Essen fertig ist. Solltet ihr mich weinen hören, macht euch keine Sorgen.“ Na, na Marco, so schlimm ist es doch gar nicht ???? 3,5/6 im GM-Open sind nämlich mehr als gut, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass die beiden Verlust dabei bislang ausschließlich gegen Großmeister passierten. Vladimir Onischuk und Dusan Popovic sind aber auch alles andere als dankbare Gegner. Ärgerlich aus seiner Sicht war nur das Remis heute, gegen seinen 2280 ELO starken Gegner. Marco bereitete sich mit meiner Wolgagambit-Variante für Weiß vor, mit der ich bereits in Runde zwei siegreich war. Auch er machte dem Nachziehenden das Leben schwer, er behielt seinen Mehrbauern bis ins Endspiel, wonach Michael Ehrke und ich uns einig waren, dass die Stellung sehr nah am Gewinn sein dürfte. Als ich mit meiner Partie fertig war und bei ihm vorbeischaute, hatte er zwar keinen Materialvorteil mehr, aber der Gegner besaß einen isolierten Doppelbauer und Marco freute sich über einen aktiven Läufer gegen einen unglücklichen Springer mit Deckungsaufgaben. Seine Stellung daher mehr als passabel. Das Ende vom Lied war jedoch ein Turmendspiel mit Minusbauern, in dem Marco ums Remis kämpfen musste, was ihm zum Wohle des Hausfriedens glücklicher Weise auch gelang. Morgen bekommt er mit schwarz gegen Jakob Leon Pajeken die Gelegenheit, seine nachvollziehbare Unzufriedenheit mit eigener Kraft wieder gerade zu biegen. Viel Erfolg dabei!

Der eben erwähnte Michael Ehrke, den ich im Vorbericht versehentlich nicht erwähnte, steht übrigens bei 3/6. Er unterlag heute, genau wie Marco in Runde 1, Vladimir Onischuk. Jakob Linowitzki, den ich vergangenen Freitag im Bericht einbezog, trat wiedererwarten nicht an und hält scheinbar die Stellung in Lübeck.

Etwas allgemeines zum Turnier: Angeführt wird das A-Open momentan von GM Andreas Heimann, der heute als erster überhaupt FM Ashot Parvanyan schlug. Am Tag zuvor schenkte Setzlisten 1. Chao Li ihm ein 16-zügiges Remis. Besonders spielte es Andreas Heimann in die Karten, dass Li heute gegen den indischen GM Suri Vaibhav verlor, wodurch er mit einem Sieg morgen gegen punktgleichen Dusan Popovic die alleinige Tabellenführung übernehmen könnte.

Es bleibt spannend! Hier noch ein paar Impressionen aus unserer gemeinsamen Wohnung. Ich melde mich am Sonntag mit dem Abschlussbericht.

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