Es ist das Osterfest alljährlich für den Hasen recht beschwerlich

(Wilhelm Busch)

Also Osterzeit. Das heißt nicht nur Leiden, Sterben und Auferstehung Christie, sondern auch Brauchtum und Bewahrung desselben. Hierzu gehört, keine Frage, mittlerweile auch der Umstand, dass die Schachsportler unseres Bundeslandes ihren Meister suchen. Nach 1950, 1977, 1995, 1998 und 2000 nun also wieder 2018 Bad Segeberg.

Damit liegt die Kreisstadt am Kalkberg hinter Eckernförde und Büsum an dritter Stelle der meist gewählten Austragungsorte für Meisterschaft und Kongress unseres Verbandes.

Das Bildungs- und Tagungshaus am Großen Segeberger See bot reichlich Platz, um ein solches Turnier auch einen würdigen Rahmen zu geben. Daran sollte es nicht fehlen. Sorge machte eher der Zuspruch durch die Aktiven. Deren Engagement scheint von Jahr zu Jahr abzunehmen. Eine geradezu beängstigende Entwicklung. Ganze 108 Teilnehmer und von diesen deutlich über die Hälfte im Seniorenalter; da kommt wenig Freude auf. Von den TOP 100 des Verbandes ließen sich mit Jonah Krause (33) und Matthias Willsch (93) gerade zwei Vertreter der TOP-100-DWZ sehen. Das Zahlenspiel wird nicht viel besser, wenn man mal die Profis aus Kiel, Norderstedt oder Preetz ausklammert. Leider fiel die 73. LEM-Ausgabe nicht in die Ferienzeit, sonst hätten sicher auch mehr Jugendvertreter teilgenommen, was zumindest dem Altersdurchschnitt zugutegekommen wäre.

Sei´s drum. Der ausrichtende Verein der Segeberger Schachfreunde hatte alles wunderbar gerichtet. Von beanstandungsfreien Spielbedingungen bis zum günstigen Catering. Nur Spielen musste man selber.

Vom LSV waren 15 Teilnehmer vor Ort, die sich locker über die 6 Spielklassen verteilten.

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Meisterklasse

Keine Titelverteidigung durch Frederik Svane, den es zum Grenke Open nach Karlsruhe zog. Auch andere Vorjahresteilnehmer wurden vermisst. Ullrich Krause war sicher durch Pflichttermine in Berlin (Kandidatensuche) gebunden. Frank Schwarz? Wolfgang Krüger, nunmehr auch schon 60, zog es zu den Senioren. Immerhin war er dabei. Dafür hatte das Turnier einen glasklaren Favoriten, nämlich Jonah Krause, der zwar aktiv im Hamburger Verband (FC St. Pauli) spielt, aber aufgrund seiner passiver Mitgliedschaft beim SV Bargteheide spielberechtigt war. Eventuell Matthias Willsch (Kieler SG) war vielleicht zuzutrauen, dass er Jonah Ärger machen könnte. Als einziger LSVer an drei gesetzt Thilo Koop, der für die eine oder andere Überraschung durchaus gut war.

Letztlich aber kam es, wie es kommen musste. Mit 7,5 Punkten gewann Jonah die Meisterklasse schließlich doch recht überzeugend. Die eigentliche Überraschung des Turniers war der Eckernförder Dustin Möller. Lediglich an 8 gesetzt war das „sein“ Turnier. Auch er blieb ungeschlagen und leistete sich gerade ein Remis mehr als der Turniersieger. Die Vizemeisterschaft der verdiente Lohn. Im Vorjahr gerade so eben den Abstieg vermieden und jetzt beinahe Landesmeister. So kann es gehen. Und Thilo? Auch er enttäuschte nicht und bestätigte mit 6 aus 9 auch seinen Setzlistenplatz. Seine beiden Niederlage kamen den beiden Erstplatzierten zugute und mit seinem Sieg über Matthias Willsch lieferte er auch eine der schönsten Partien dieser Meisterschaft.

 

Vormeisterklasse

Frank Neumann (Agon Neumünster) und Jan Haserodt (SC Fehmarn) waren in Ratzeburg 2017 ganz vorne und verabschiedeten sich in die Meisterklasse. Das Teilnehmerfeld lag relativ eng beisammen. Schwer, einen Favoriten auszumachen. Vom Rating her durfte man Manfred Kröncke (SG Glückstadt), Jürgen Kropp (Kieler SG) und vielleicht auch den Ex-Eckernförder Enrique Ruiz-Hampel (SV Schleswig) erwarten. Im Feld auch zwei LSV-Vertreter. Zum einen Heiko Rickert, der die VM-Zugehörigkeit in Ratzeburg bestätigt hatte und zum anderen das 14jährige Talent Tom Linus Bosselmann. Tom war über einen Freiplatzantrag in diese Klasse gerutscht und dessen Abschneiden wurde mit besonderem Interesse beobachtet. Ein paar Eingeweihte hielten ihn für den Geheimtipp dieses Feldes. Und sie täuschten sich nicht. Mit 2,5 aus 3 legte er furios los, bevor er in Runde 4 gegen den erfahrenen Kieler Jürgen Kropp selbst Opfer seines kompromisslosen Angriffsspiel wurde. Diese Niederlage war schnell abgeschüttelt.

Es folgten noch zwei Siege (wobei der gegen Joachim Hoffmann (Doppelbauer Kiel) besonders beeindruckte und drei Punkteteilungen und am 30.03. durfte er mit 6 Punkten tatsächlich den Siegerpokal entgegen nehmen. Dabei profitierte er noch von der unerwarteten Schlussrundenniederlage des Flensburgers Max Neuendorf. Wieder war es Jürgen Kropp, der den „Spielverderber“ spielte. Herzliche Glückwunsch Tom und viel Erfolg in der Meisterklasse 2019! Von Tom selber erhoffen wir uns noch einen Sonderbericht über seine Tage in Bad Segeberg. Weniger gut lief es diesmal für Heiko. Nur ein Sieg gegen Friedrich Müller (SV Bad Schwartau) und ein kampfloser Punkt gegen Ruiz-Hampel nebst zweimal Remis. Das war doch zu wenig. Schade, aber das Feld schien auch stärker gewesen zu sein als in Ratzeburg. Bleibt die Hoffnung auf einen Freiplatz. Auch für Enrique Ruiz-Hampel war die Ratzeburger Woche alles andere als erinnerungswert. Von 2 auf 10 durchgereicht – das ist schon bitter.

Tom

 Tom Linus Bosselmann

Kandidatenklasse

Ein 20-köpfiges Feld, das von DWZ 1980 bis 1612 reichte. Angeführt von Winus Müller (SG Plöner See), der auch souverän loslegte, bis er vom ehemaligen SV Strander, nunmehr, seit ein paar Jahren für den SC Schönberg gemeldet, Holger Jeschke kurzfristig gestoppt wurde. Danach wieder zwei Siege (Bergfest) - und dann praktisch nichts mehr. Noch drei Remis und eine Schlussrundenniederlage gegen Andreas Teska.

Damit ohne Umschweife zu den 3 LSV-Vertretern in diesem Feld. Da war zunächst Dr. Frank-M. Wirries mit seiner TWZ von 1829 am höchsten eingeschätzt. 2017 wurde er Dritter im Hauptturnier, was seine Mitwirkung bei den Kandidaten rechtfertigte. Allerdings war nicht so hoch in der Setzliste, dass zum engeren Favoritenkreis gehört hätte. Frank hatte ein bisschen Pech. Beim Zwischenstand von ausbaufähigen 50% erwischte ihn ein grippaler Infekt, wonach er das Turnier leider beenden musste.

Ein wirklich starkes Turnier lieferten Andreas Teska und die 14jährige Alva Glinzner. Andreas, der in Ratzeburg noch bei 50 % (hinteres Mittelfeld könnte man euphemistisch) sagen. Zwar verlor er eine, allerdings auch nur eine (gegen Rüdiger Kraas, SG Glückstadt), zeigte aber ansonsten ideenreiches Schach, welches häufig zum Punkt reichte; jedenfalls dann, wenn sich der Gegner in den Schlingen verfing. Hier ein schönes Beispiel aus der fünften Runde:


Zwischendurch oblag es ihm, Alva mit Partiematerial über ihre Gegnerschaft zu versorgen. So hatte er über die Woche gut zu tun. Diese Unterstützung blieb nicht wirkungslos. Alva hatte in Ratzeburg im Hauptturnier Platz 1 belegt, wurde danach in Neumünster Landesmeisterin U 14, deutsche Vizemeisterin und abschließend eine gute Leistung bei der WM in Uruguay. Was für ein Jahr. Trotzdem war sie im diesjährigen Kandidatenturnier auf dem letzten Platz gelistet. Doch sie zeigte, was in ihr steckt. Ein Beispiel:

Am Ende belegte sie mit 5 Punkten einen starken 8. Platz. Nur dem Kieler René Werner, gelang es, sie in Runde 6 zu besiegen. Alle anderen bissen sich an ihren manchmal erstaunlichen Verteidigungskünsten die Zähne aus. Und Andreas? Er platzierte sich am Ende sogar auf Platz 6, in einem vierköpfigen 5,5-Punkte-Feld. Am Schlusstag verdarb er Winus Müller dann auch noch den Turniersieg mit dieser hübschen Angriffpartie:

Und so kam Holger Jeschke mit 6,5 Punkten auf den Kandidatenthron. Bei 4 Siegen, 5 Unentschieden und keiner Verlustpartie sicher nicht zu unrecht.

Hauptturnier

Lang her sind die Zeiten, wo das Hauptturnier wegen des gewaltigen Ansturms in mehrere Untergruppen (A/B/C…) unterteilt werden musste. Was hilft das Wehklagen. „Bedauern bringt im Leben nichts. Es gehört zur Vergangenheit. Alles, was wir haben, ist das Jetzt" (Marlon Brando).

Mit Jan Henrik Plackmeyer und Peter Frankenstein war der LSV auch leider nur spärlich in diesem Feld von 22 Spielern vertreten. Andererseits gehörte „Placky“ mit zu den heißesten Anwärtern für den Turniersieg. Jedenfalls dann, wenn er seine verschiedenen Aufgaben als Spieler, Hoffotograf und Gute-Laune-Verbreiter unter einen Hut brachte. Diese Aufgabe bewältigte er letztlich zwar auch ganz famos, dennoch: der Sprung ganz nach oben auf das Treppchen gelang leider nicht, obwohl sein Score von 5 Siegen und viermal Remis mehr als ansprechend war. Der Jugendspieler Peter Solar vom ausrichtenden Verein SF Bad Segeberg wies um einen halben Punkt besseren Punktestand auf. Gegeneinander trennte man sich in Runde 4 Remis. Dennoch, dieser zweite Platz dürfte auch für das Kandidatenturnier locker reichen.

Auch die Leistung von Peter muss man loben. Nachdem er beruflich vor ein paar Jahren ins bayerische Aschaffenburg verzogen hat, trat er dort keinem Schachverein („Ihr habt’s versaut. So etwas, wie in Lübeck hab ich nimmer gefunden“) mehr bei. Trotzdem konnte er seine Spielstärke zumindest stabilisieren und dürfte mit 4 Punkten nicht unzufrieden sein, zumal er einmal krankheitsbedingt passen musste. Auch Dr. Friedemann Albers aus Uetersen und Spielleiter Bezirk Ost, Joachim Gerks, sah man vor Turnierbeginn auf Aufstiegsplätzen. Es reichte letztlich dann doch noch. Mit Rang 4 kann sich Dr. Albers sicher noch Hoffnung machen und Joachim Gerks musste aufgrund störender Wetterlage in Ratzeburg kurz vor Turnierende das Handtuch werfen.

Senioren

Damit kommen wir abschließend zu den personell stärksten Gruppen. Auf die Senioren war mal wieder Verlass. Mit 40 Teilnehmern stellten sie das größte (Tendenz steigend) Kontingent. Nach wie vor gilt in unserem Bundesland die 60-Jahre-Grenze für Männer. Frauen sollen merkwürdigerweise schon mit 55 Seniorinnen sein. Nun ja. Auch in diesem Jahr konnte bzw. musste man sich entscheiden. Entweder die Gruppe A (>1700 DWZ) oder die Gruppe B (<1700 DWZ).

Senioren A  

Was hier bei Turnierbeginn sofort auffiel: Wo war der vierfache (2013-2016) Seniorenmeister Sergey Salov? In der Tat, er war nicht da, was allerdings dem Berichterstatter schon seit einigen Wochen bekannt war und so, zumindest für ihn, keine Überraschung darstellte. Joachim Kornrumpf, der Titelverteidiger, war hingegen präsent. Überhaupt ein starkes Seniorenfeld, wenn man auch ansonsten zuverlässige Spieler wie Nicolai Quiring (Rendsburg) oder Helmut Kracht (Kaltenkirchen) vermisste. Und der Lokalmatador Wolfgang Reher? Der beschränkte sich auf eine gelegentliche Zuschauerrolle.

Dafür gab es aber einen ganz anderen Günstling Caissas, nämlich Wolfgang Krüger vom Möllner SV. Er war der meistgenannte Titelanwärter und dessen Buchmacherquoten lohnten kaum die Einsätze. Doch manchmal kommt alles ganz anders. Wolfgang zeigte sich durchweg von einer so hohen Friedfertigkeit, dass schon das norwegische Nobelpreis- Komitee hellhörig wurde. Zwei Siege und ansonsten Remis auf Remis. Tja, so wird man nur selten Meister und so verblieb das Möllner Spitzenbrett am Ende auf Rang 5. Sicher, auch ein guter Platz, doch die Zocker, die auf ihn gesetzt haben waren düpiert. Also Bahn frei für Joachim Kornrumpf? So ist es! Im Grunde ein ganz entspannter Start-Ziel-Sieg für den Preetzer, der erwartungsgemäß seinen Vereinskameraden Hans-Adolf Dittmann und Joachim Neumann (Agon Neumünster) auf die beiden anderen Treppchenplätze verweisen konnte. Das Podest nur aufgrund weniger Buchholzpünktchen verpasste vom LSV Dr. Stephan Lübeck, der zwar gegen die beiden Ersten Federn lassen musste, aber sonst sehr überzeugend aufzuspielen wusste und auch Wolfgang Krüger um einen halben Punkt hinter sich ließ. Das breite Mittelfeld wurde von zwei LSVern angeführt und abgeschlossen. Zum einen auf Rang 6 mit Prof. Dr. Horst Mentlein (4,5 P.) und zum anderen auf Rang 11 mit Jürgen Erich (4,5 P.).

Danach dann der Rest vom Schützenfest. Für den Unterzeichner wollte es nicht so recht laufen. Manche gut Stellung wurde vorzeitig remisiert und bei den beiden Niederlagen war ich ziemlich von der Rolle. Also bei der Endabrechnung nur 3,5 Punkte – allerdings auch 8 Spielen, da ich einmal wegen eines vorrangigen Termins abwesend war. Auch Wolfgang Schwerdtfeger wird nicht ganz mit 3 Punkten zufrieden gewesen sein. Bei manchem „Glanzlicht“, wie z.B. sein Sieg über Jürgen Erich, gab es auch die eine oder andere unnötige Flaute.

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Senioren B

Mit 24 Teilnehmern die zahlenmäßig stärkste Gruppe. Hilke Jessen (SG Glückstadt) mit den größten Vorschuss-Lorbeeren bedacht, spielte erwartungsgemäß stark auf und doch reichte es nur zu Platz 3. „Schuld“ war da wohl die nicht eingeplante Niederlage gegen Rüdiger Zechel (Kaltenkirchen). Das nutzen vor allem zwei andere Spieler. Mit dem einen (Rüdiger Schäfer, SK Norderstedt) konnte man rechnen, mit dem anderen (Wolfgang Clemens, LSV) nicht unbedingt. Beide aber spielten unbekümmert auf, reihten Sieg an Sieg und düpierten ihre Mitbewerber.

Mit 7,5 Punkten siegte der frisch gekürte Landespräsident Rüdiger Schäfer – Zweifacher Glückwunsch! Platz 2 für Wolfgang war, gelinde gesagt, noch überraschender. Lediglich an 18 gesetzt war er das Überraschungsmoment dieser Meisterschaft. Am Brett ist eben wichtig. Dritter LSVer in diesem Feld Jens Maly. Jens haderte etwas mit seinem Schicksal. Gleich in der ersten Partie gegen Hilke Jessen eine Figur eingestellt. Danach fing er sich aber. Eine weitere Niederlage kam nicht mehr hinzu, andererseits zeigte er sich manchmal als zu friedfertig (6-mal Remis). Am Ende zwei Ränge gut gemacht und mit 5 Punkten auf Rang 11. 

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                                                                                                                        Rüdiger Schäfer

Epilog

Sie sind vorbei. Die 73. Ausgabe der Landesmeisterschaften ist reif für das Archiv. Der Verband hat mit Jonah Krause einen neuen Landesmeister. Jener verpasste aber das Double. Im Blitz musste Jonah am Ende den Titel Frank Hagenstein (Neumünster) überlassen. Auch die Frauen kürten ihren Blitzchampion. Es siegte Britta Leib (Agon Neumünster) vor Maria Franzenburg (Doppelbauer Kiel) und Alexandra Mundt vom LSV. Bei dem Kongress gab es zwischen den bisherigen Vorsitzenden eine Rochade und der LSV wurde die Auszeichnung „Verein des Jahres 2017“. Geehrt wurde er vor allem für seine vorbildliche Nachwuchsarbeit. Auf ein Neues 2019 in, ja, wo auch immer.