Die Saison 2016/17 ist vorbei. In allen Ligen und Klassen sind alle Auf-und Absteiger erkoren und bevor dann im Herbst die „Karten neu gemischt werden“, ist Sommer-, Ferien und Erholungszeit angesagt.
Jenen aber, die von unserem schönen Schachsport nicht genug bekommen können, bieten sich landauf und landab zahlreiche Gelegenheiten, sich weiter schöpferisch zu betätigen. Schnellturniere, Open, GM und IM – Events nahezu kaum zu überblicken. Die Auswahl ist riesig.
Eines der größeren Veranstaltungen dieser Art fand vom 8.-16.7.17 im malerischen Lüneburg statt. Die Stadt an der Ilmenau bietet seit 2014 jährlich, kurz vor den Sommerferien, ein Schachereignis besonderer Art an.
Träger des VMCG-Schachfestivals im Seminaris Hotel war/ist die Vonhoff Management Consolting AG , spezialisiert als auf dem Feld der Unternehmerberatung.
Neben einem offenen A-Open, konnte man sich je nach Spielstärke in einem B-Open (DWZ 1200-1800) und einem C-Open (bis DWZ 1400) versuchen.
Darüber hinaus, und das macht den eigentlichen Reiz dieser Veranstaltung aus, gibt es 2 geschlossene Turniere, ein IM und ein GM Turnier. Alles um weitere „Sahnehäublichen“ ergänzt, wie ein Seminar der ehemaligen Nummer 2 der Welt (und LSV-Spieler von 1999-2003 !) GM Alexei Shirov).
Also gute Chancen, hier auf Titelnormenjagt zu gehen - wenn man denn eine Einladung erhalten hat.
Beim IM-Turnier konnten 3 Schleswig-Holsteiner sich über die begehrte Offerte freuen. Zum einen der SHO Landesmeister 2016 Matthias Budzyn (Turm Kiel), dann der dänische Bargteheider Bjarne Light und zum anderen schließlich der aktuelle deutsche-U16-Meister Alexander Rieß vom Lübecker SV. Neben diesen beiden kompletierten u.a. zwei GM, 1 WGM, 1 WIM und 1 IM das Teilnehmerfeld. Ein Blick auf die Startrangliste zeigte, dass beide durchaus nicht zum engeren Favoritenkreis gezählt wurden. In dieser Liste bildete Matthias das Schlusslicht. Bjarne rangierte auf 8. FM Alexander fand sich immerhin im Mittelfeld (Platz 5) wieder. Und so ging es mit der Erkenntnis „Wir haben keine Chance, nutzen wir sie“ ans Werk.
Für Alexander ging es dann auch eher ernüchternd los. Niederlage gegen den polnischen GM (ELO 2447). Das täglich vom Veranstalter herausgegebene Bulletin bemerkte dazu:
„Und auch die beiden Großmeister in diesem Turnier konnten ihren Auftakt erfolgreich gestalten, allerdings mit einigen Schwierigkeiten. GM Miroslaw Grabarcyk hatte gegen den jungen Lübecker FM Alexander Rieß um den 20. Zug herum mit allerhand Problemen zu kämpfen. Aber diese erfahrenen Meister haben 7 oder noch mehr Leben und sind einfach sehr sehr zäh. Miroslaw verteidigte sich umsichtig, lehnte bereits 10 Züge später ein Remisangebot ab. Das Turmendspiel war anfangs wohl ausgeglichen, aber nun spielte der Pole all sein Können aus und erledigte den technischen Teil sehr sicher.“
Offenbar ließ sich Alexander nicht zu sehr beeindrucken, denn was jetzt folgte, nötigt schon einigen Respekt ab. Mit drei Siegen in Folge katapultierte er sich weit nach vorne. WGM Melanie Lubbe, Bjarne Light und der algerische IM Mafoud Oussedik hießen seine Begleiter auf diesem Weg. Kurz nochmal Luft geholt (Remis gegen M. Budzyn) und schon ging es weiter. Genchun Wong und WIM Judith Fuchs besserten Alexanders Punktekonto weiter auf
und nach einer Punkteilung in der vorletzten Runde gegen den bulgarischen GM Petar Genov, war klar, dass eine IM-Norm für Alexander greifbar war. Diese Chance ließ er sich nicht nehmen und nach einem Kurzremis in Runde 9 gegen den Heidenauer Konstantin Urban, war auch das in „Tüten und Papier“!
Ein Blick auf die Endtabelle lässt dann auch keinen Zweifel aufkommen: Alexander gewinnt das Turnier vor beiden Großmeistern und hat den ersten Schritt zum IM-Titel gemacht. Wünschen wir ihm, dass seine nächsten Schritte in diese Richtung von Erfolg gekrönt sind.
Übrigens, wollen wir nicht vergessen, dass in Lüneburg noch ein weiterer LSVer am Start war. Im A-Open holte der 13jährige Tom Linus Bosselmann 50 % bei einer ELO-Performance von 2035. Besonders dabei bemerkenswert seine Siege über den Berliner FM Peter Rahls (ELO 2165) und Bernd Wronn (FC St. Pauli, ELO 2137), die aufhorchen ließen. Auch ihm gebührt unsere Anerkennung.
Wer sich noch näher mit dem Schachgeschehen in Lüneburg befassen will kann es hier tun.
Partien und Fotos wurden uns freundlicherweise von der Familie Rieß zur Verfügung gestellt.