Ein Leck ist im Eimer, im Eimer ist Leck. (Alte friesische Redensart)

Unser 4,5:3,5 gegen Leck hieß für die eine Seite rien ne va plus und für die andere und jährlich grüßt das Murmeltier. Leck steht nunmehr als Absteiger aus der Landesliga ebenso definitiv fest wie wir als Meister. Aber auch in diesem Jahr verwehrt uns unsere schnarchnasige Erste den Aufstieg.

Für Leck spielt es nun keine Rolle mehr, wie der Protestfall aus dem Kampf gegen Schwarzenbek ausgeht. Was schon wieder ein Protest? Ist es denn auch in Leck zu kalt? Nein, natürlich nicht, die Spielbedingungen dort sind tadellos, was nicht zuletzt an dem wirklich schmackhaften selbstgebackenen Kuchen liegt. Die Sache ist eigentlich recht profan. Das Handy eines Lecker Spielers hatte während der Partie gegen Schwarzenbek geklingelt. „Nein“, fährt einem da Harald Eis der Lecker Mannschaftsführer in die Parade. „So war das doch gar nicht, das war doch nur der Wecker des Handys.“ – „Hat es denn nicht geklingelt?“ – „Doch schon, aber es hat ja keiner angerufen.“ Ach so, na dann. Geklingelt ist geklingelt und Schluss, möchte man meinen. Ach ihr Ahnungslosen, dass das so einfach wäre, da sei doch die Landesturnierordnung vor. Harald Eis hatte damals in seiner Begrüßung darauf hingewiesen, dass man auf seine Handys achtgeben möge. Was hatte dieser enigmatische Satz nun zu bedeuten? Dass nicht alle Handys wasserfest sind? Dass, wenn man ein Handy aus höchster Höhe zu Boden wirft, es irreparabel Schaden nehmen kann? Oder gar dass der Handyklau in Leck weit über dem Bundesdurchschnitt liegt?. Man kann natürlich anmerken, dass diese Überlegungen nicht einmal mehr für juristische Spitzfindigkeiten taugen. Wenn bekannt ist, dass beim Klingeln des Handys die Partie verloren ist, warum soll man dies denn im Voraus noch einmal explizit ausführen? Das liegt daran, dass die Landesturnierordnung im Gegensatz zur Bundesturnierordnung eben nicht zwangsläufig den Verlust einer Partie beim Handyklingeln vorsieht. Möglich ist auch eine Verwarnung oder eine nicht näher definierte andere Sanktion. Das ist natürlich eine ebenso bizarre wie völlig unhaltbare Situation. Das hieße ja, dass ich als Kapitän beim nächsten Heimkampf allein durch die Wortwahl während meiner Begrüßung darüber entscheiden könnte, ob man es dann doch bei einer Verwarnung belassen könnte. Vielleicht könnte ich ja sogar eigenmächtig so die nebulösen anderen Sanktionen definieren. Zum Beispiel, dass in einem solchen Fall dem Mannschaftsführer der Gastgeber ein nicht unerhebliche Geldbetrag zu überweisen wäre. Und in Zukunft würde ich dann, wenn eine besonders unsympathische Gastmannschaft vor Ort ist, während der Begrüßung auch mal das Wort von der Prügelstrafe einfließen lassen.

Hier herrscht seitens des SV SH Handlungsbedarf. Meines Wissens nach ist da das Präsidium aber schon am Werk. Im vorliegenden Fall würde ich trotz allem mich denjenigen anschließen, die für geklingelt ist geklingelt und Schluss plädieren. Aber glücklicherweise habe ich dies nicht zu entscheiden sondern das Schiedsgericht. Das im Übrigen sich jetzt auch mit dem ominösen Fall des Spiels in der Arktis zwischen Doppelbauer Kiel und Bargteheide befassen muss. Die Sache wird dadurch erschwert, dass die Stellungnahmen beider Streitparteien sich inhaltlich so diametral widersprechen, dass man kaum zu glauben vermag, dass beide Teams zur gleichen Zeit am gleichen Ort waren. Irgendwie erinnert mich dieses Verhalten an die alte ukrainische Geschichte zweier Frauen, die sich vor Gericht streiten. Die eine behauptet, dass die andere sich von ihr einen Krug geliehen und anschließend beschädigt zurückgegeben hätte. Die verteidigt sich gegenüber dem Richter wie folgt: "Erstens habe ich mir niemals einen Krug ausgeliehen. Zweitens war dieser schon beschädigt als ich ihn erhalten habe. Und drittens habe ich ihn heil wieder zurückgegeben." Wenden wir uns nun aber dem Spiel von Sonntag zu. Ich hatte ja schon in meinem letzten Bericht darauf hingewiesen, dass wir durch das Leckleak besonders gut vorbereitet sein würden. Doch dies sollte sich als Bumerang erweisen. Denn was uns der Whistleblower da durchgesteckt hatte, das ließ bei uns doch das Blut in den Adern gefrieren. In alter Runenschrift war da von heidnischen Menschenopfern an der Stelle eines alten Hünengrabes die Rede. An dieser Stelle steht heutzutage in Leck die dänische Schule und bisweilen wird dort Schach gespielt. Und so griff Angst und Schrecken um sich. Ja geradezu Panik brach aus und es hagelte Absagen seitens meiner Mannschaft. Letztlich machten sich nur die glorreichen Sieben, die weder Tod noch Teufel fürchten, auf den Weg in den hohen Norden.

Der Kampf wogte einige Zeit lang hin und her und wurde dann innerhalb weniger Minuten kurz vor der Zeitkontrolle entschieden. Für den Ausgleich sorgte Ecki Reuß. der eigentlich seine Partie gegen den Schwartauer Christopher Simon einfach nochmal spielte. Wieder hatte sein Gegner sich Stonewallmäßig aufgebaut und einen mächtigen Springer auf e4 hinein operiert gestützt von den Bauern auf d5 und f5. Aber auch diesmal war Ecki hiervon sichtlich unbeeindruckt, spielte um das Viech herum, vertrieb den Springer beizeiten und gewann anschließend siegbringend Material. In Führung brachte uns dann eines von zwei unmöglichen Ereignissen. Das eine unmögliche Ereignis ist, dass Ulrich Sieg eine Partie verliert. Dies war aber gegen Doppelbauer Kiel passiert und so sah sich Uli dazu genötigt das zweite unmögliche Ereignes folgen zu lassen, nämlich dass er eine Partie gewinnt. Er überspielte seinen Gegner positionell total und gewann abschließend mit einem hübschen taktischen Finale. “Thilo, das war doch wie Tal, ja wie Tal“, freute sich Ulrich. „Ja Ulrich, das war wirklich eine sehr schöne Partie, aber hätte Tal nicht, um eine solche Stellung zu erreichen, mindestens einen Turm geopfert? Und du hattest ja gar nichts weniger.“ „Ach was, ich habe schon immer gewusst ich habe das Talsche Gen in mir.“

LSV II011 LSV II005

Endgültig brachte uns Michael Lucas auf die Siegerstraße. Sein Gegner wählte die Orang Utan Eröffnung. Toller Name, mäßige Eröffnung! Vor allem dann, wenn man den wichtigsten Bauern in der Stellung einstellt und so seinem Gegner zusätzlich noch zwei verbundene Freibauern überlässt. Der Rest war dann recht einfach für Michael. Bernhard Weber sah sich gegen Jens Nommensen mit dem Blackmar Dienergambit konfrontiert. Er lehnte das Bauernopfer aber ab und so entspann sich ein zähes Ringen mit beidseitigen Chancen. Es mündete in einem unklaren aber doch remisigen Bauernendspiel. Ich hatte mir gegen den Franzosen meines Gegners leichten Vorteil erspielt, ging dann aber wohl ein wenig zu direkt zur Sache und die Stellung verflachte. Am Ende musste ich sogar ein wenig aufpassen. "Du warst zu ungeduldig. Du hättest halt wie Tal spielen müssen“, wies Ulrich mich richtigerweise zurecht.

LSV II020 LSV II022 Koop

 

Den Sieg machte dann Jan Plackmeyer gegen Uwe Pettke perfekt. Er hatte sich durch mühevolle Arbeit ein gewonnenes Turmendspiel verschafft, um es dann aber zum 4,5 Remis zu geben. „Das war nötig, denn jetzt bin ich der Meistermacher“, grinste Placki mich an. Dem kann und will ich nicht widersprechen. Letztlich blieb noch die Partie von Michael Ehrke gegen Tore Prien. Michael hatte auf einen unorthodoxen Zug von Tore mit einem noch unorthodoxeren geantwortet. „Das war nicht die Zeit um kreativ zu spielen. Das hätte Tal niemals getan“, war sich Ulrich sicher.

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Während Michael im Spielsaal so vor sich hinleidete, entspann sich draußen eine Diskussion darüber, wer denn nun der beste Schachspieler aller Zeiten gewesen sein dürfte. Es fielen die Namen der üblichen Verdächtigen, Gary Kasparow oder Anatoli Karpow und auch etwas überraschend Wladimir Kramnik. Von Tigran Petrosian hieß es, dass er doch sehr unterschätzt wurde, während man Max Euwe attestierte, dass man es ihm zumindest zugutehalten musste, das es gar nicht so einfach sei, selbst einen besoffenen Aljechin zu schlagen. Michael hatte mittlerweile verloren und es kam die Sprache auf Magnus Carlsen. „Dessen Schach mag ich nicht sonderlich. Immer dieser Kampf, Remis ist doch auch ein schönes Ergebnis“, konstatierte Ulrich. Ich hake da mal besser nicht nach. An diesem Tag hätte er wahrscheinlich behauptet, dass Tal das genauso gesehen hätte.

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 (Fotos: J. H. Plackmeyer)