Verrückter Tag in der Eulenspiegel-Stadt !

Morgens beim Frühstück ulkte ich noch herum, dass ich heute als Spieler-Trikots acht Schellenkappen mit nach Mölln nehmen müßte. Aber was würde die FIDE zu den störenden Geräuschen sagen?

Ich konnte ja nicht ahnen, was für ein närrischer oder besser verrückter Spieltag das werden würde.

Keine morgendliche Absage, alle überpünktlich am Treffpunkt. Schon mal ein guter Anfang. Auch Horst Mentlein fand sich pünktlich (also noch rechtzeitig) ein, nicht ohne lautstark darauf hinzuweisen, dass das Spiellokal ja schwierig zu finden ist.

Meinen herzlichen Dank an Alexander Ananjew und Martin Herrnkind, die heute bei uns ausgeholfen haben!

Das Drama begann. Martin Reinke setze mir einen Sizilianer vor, an den ich sehr ungute Erinnerungen aus einem Turnier hatte. Damals war ich sang- und klanglos untergegangen. Heute wollte ich es besser machen und nicht überziehen. Das kostete mich viel Zeit und Martin spielte dabei einige Züge, die ich gar nicht auf der Rechnung hatte. Es schien sich noch bestens auszukennen. Ich hatte eine Qualle mehr, dafür wollte er meinen Springer auf a8 einfach so einsammeln und somit mehr Material haben. Im 17. Zug ließ er jedoch einen Läufer stehen, womit die Partie beendet war. Auf Chessbase habe ich diesen Zug aber auch in drei Partien gefunden, Martin ist damit nicht alleine.

Alexander hatte sich klassisch mit einem Läuferopfer auf h2 verrechnet, es war auch kein Dauerschach mehr drin, also 1:1. Den Ausdruck „Kartoffelopfer“ dafür hatte ich übrigens noch nie gehört. Horst Mentlein an Brett 1 hatte bereits früh remis angeboten, was abgelehnt worden war. Später bot Wolfgang Krüger an, wir nahmen an.

Martin an Brett 7 hatte noch fast alle Steine auf dem Brett, schwer zu durchschauen. Anfangs hatte er sich auch auf der Uhr beeilt, wir sprachen im Auto über seine Neigung zur Zeitnot und ich dachte schon, na, geht doch. Aber dann fing er richtig an zu überlegen…

Jörg an Brett 6 hatte eine schöne Angriffsstellung, das sah gut aus. Bei Samuel sah es fast von Anfang an sehr, sehr remislich aus, Stephan hatte auch eine Druckstellung, bei Mikhail Schneider war das Gleichgewicht gewahrt. Also verhaltener Optimismus!

Dann wurde es wieder chaotisch. Martin überschritt im 30. Zug die Zeit, Samuel nahm das gegnerische Remisangebot an, da war auch nichts mehr zu wollen. Stand 2:3.

Jörg hatte seinen Vorteil mittlerweile irgendwie eingebüßt, im 40. Zug war die Stellung ausgeglichen, aber kämpferisch wie er ist, nahm er das Remisangebot nicht an. Und er sollte recht behalten, denn einige Züge später war das Matt nicht mehr zu verhindern, dazu war aber eine große Portion Glück vonnöten!

Aber es ging weiter, Stephan hatte in seiner Druckstellung etwas viel Zeit gebraucht ohne richtig weiterzukommen. Diese Zeit hatte sein Gegner genutzt, um am Damenflügel für Unruhe zu sorgen. Diese Unruhe führte letztendlich zu einem weit vorgerückten Freibauern, der nach dem Tausch der Schwerfiguren nicht zu stoppen war. So war es Mikhail Schneider vorbehalten, in einem Läufer-Springer-Endspiel mit dem schwächeren Springer seinen Mehrbauern zu verwerten. Das ist ihm sehr überzeugend gelungen, so dass am Ende ein 4:4 dabei herauskam.

Für einen so chaotischen, vom Glück beeinflussten Spieltag gar kein so schlechtes Ergebnis.

Auf der Rückfahrt hörte ich ab und an Schellen klingeln und ein spöttisches Gelächter. Kann aber auch Einbildung gewesen sein.