Der dritte Spieltag rief das letzte ausstehende vereinsinterne Duell in der Landesliga auf die Agenda. Aufgrund diverser Heimspiele mussten wir uns für die Austragung abseits des Vereinsheims und des Tryp Hotels nach einer geeigneten Bleibe umschauen. Nicole fand eine schöne Räumlichkeit in der Nähe des Citi Parks und erklärte diese zum Austragungsort des Vereinsderbys. Das Spiellokal wurde von allen Spielern beider Mannschaften gefunden und die Begegnung fand auf beiden Seiten vollzählig statt. Wir hatten vermutlich den Überraschungsfaktor auf unserer Seite, als Joa, einer unserer beiden gemeldeten Alibi-FMs, tatsächlich in Fleisch und Blut erschien und sich an das zweite Brett setzte.
Bei der Begutachtung der Aufstellungen wurde schnell klar, dass wir hier ein richtiges Aufeinandertreffen zweier Generationen vor uns hatten. Selbst mit Jonas Hieke, der den Altersdurchschnitt der Gegner deutlich senkte, waren die Spieler von LSV IV im Schnitt 38 Jahre älter als unsere Youngster-Mannschaft.
Da die Heizung ihren Einsatz zunächst verweigerte, waren die ersten Jacken bereits wieder angezogen, bevor die Runde überhaupt freigegeben wurde. Kurzremis gab es deswegen aber trotzdem keine. Naja fast.. Statt wie die letzten beiden Male als Letzter, war ich dieses Mal als Erster mit meiner Partie fertig. Gegen Sergey Salov kam ich überraschend gut aus der Eröffnung heraus, sah dann jedoch keine Möglichkeit die Stellung zu öffnen, ohne mich auf ein taktisches Duell einzulassen, daher nahm ich das Remisangebot an.
Als ich mir die anderen Bretter ansah, war ich halbwegs optimistisch. Hanno hatte bereits über 40 Minuten Zeitvorteil und die Bretter von Eryk, Joa und Rouven schätzte ich alle als etwas angenehmer ein. Daher war ich etwas überrascht, als Hanno nach einer weiteren Stunde gegen Martin Herrnkind die Segel streichen musste. Nach eigenen Angaben schielte er zu sehr auf die Zeit des Gegners und überreizte sein Blatt bei dem Versuch die Stellung verkomplizieren. Ida Klara schien ihre Stellung gegen Stephan Lübeck leider zunehmend auch zu entgleiten, nachdem Sie ein Läuferopfer übersah und sich mit diversen Mattideen konfrontiert sah.
Bis weitere Ergebnisse eintrudelten, verging aber noch einige Zeit. Während im Spielraum die Heizung mittlerweile ihren Dienst tat, saßen die fertigen Spieler zusammen mit Nicole und Kristina in einem weitläufigen, unbeheizten Raum und versüßten uns die eisige Umgebung mit heißem Tee und frischen Plätzchen

Jedoch schienen sich bei jedem Gang in den Spielsaal unsere Chancen ein wenig zu verschlechtern. Idas Stellung schien nun mittelfristig unhaltbar, Rubens Zeit neigte sich dem Ende zu und auch an den ersten beiden Brettern hatten unsere Spitzenspieler nicht die erhofften Vorteile. Nur bei Rouven und Eryk sah es recht aussichtsreich aus. Umso überraschter war ich, als Benjamin mir berichtete, dass Eryk nach einer Abwicklung in einem Turmendspiel mit 0 gegen 3 Bauern gelandet sei. Das drückte uns sehr auf die Stimmung.
Ruben hatte mittlerweile seine Zeit gegen Jörg Bohner wieder unter Kontrolle gebracht und in einem ausgeglichenen Endspiel die Punkteteilung vereinbart. Da bedeutete nun, dass Rouven, Joa und Tom gewinnen mussten, um noch ein 4-4 zu erreichen. Das schien fast unmöglich, doch es kam zu einer unerwarteten Wende. Joas Gegner Arthur Kevorkov gab in Zeitnot eine Qualität für einen Freibauern, den er jedoch nicht halten konnte. Zeitgleich musste Jonas Hieke feststellen, dass sein König so ungünstig von den eigenen Bauern umzingelt war, dass das Turmendspiel trotz dreier Mehrbauern nun remis war. Er probierte noch einige Manöver, doch ohne Erfolg und so rettete Eryk unerwartet noch einen halben Punkt. Rouven konnte Ulrich Mittelbacherts zähe Verteidigung nach zahlreichen Versuchen schließlich durchbrechen und Ulrich musste die Waffen strecken.
2,5 – 3,5 – Jetzt hing es von den Spitzenbrettern ab. Tom versuchte aus dem remisverdächtigen Endspiel gegen Berdichevskiy alles rauszuholen und wickelte in ein Turmendspiel mit Mehrbauern ab. Ein Bereich, wo sich Tom zuletzt immer sehr wohl gefühlt hat, doch es schien alles recht festgefahren. Joa konnte schließlich gewinnen und somit die Verantwortung für Sieg oder Niederlage in Toms Verantwortung geben.
Tom gab seinen Mehrbauern zunächst zurück, um den gegnerischen Turm in eine passive Deckung zu zwingen. Es folgte ein recht langes Lavieren auf beiden Seiten ohne sichtbaren Fortschritt für meine laienhaften Augen. Als Tom bei einem Turmzug des Gegners irritiert die Augenbraue hochzog, wusste ich, dass der Kampf gleich vorbei war. Und tatsächlich wurde Tom für sein langes Auskämpfen mit einem vollen Punkt belohnt, was uns zugleich den sehr knappen Mannschaftssieg sicherte, den wir eigentlich schon halb abgeschrieben hatten. Damit sicherten wir uns unsere Position in der ersten Tabellenhälfte und können nun etwas entspannter auf den im Januar anstehenden Kampf gegen Kiel schauen. Zum Schluss gab es noch ein schönes Siegerfoto mit dem König der Löwen.

