„Hast Du Dich auch für Wittstock angemeldet“?  fragte mich Anfang August Matthias Fenski. „Wittstock“? „Angemeldet“? „ Na, das große Open. Jede Menge LSVer stehen schon auf der Teilnehmerliste“.

Richtig, ein „Open“. Ich erinnerte mich dunkel. So etwas gab es doch mal früher, also bevor uns Corona zu Lichess o.ä. zwang. Dem Angebot konnte ich mich nicht entziehen. Leider fand ich in Wittstock selbst kein Hotelzimmer mehr, doch dank der Hilfe des rührigen Vorsitzenden Rainer Knöchel wurde ich dann doch im knapp 40 km entfernen Bantikow am sog. Untersee  fündig,

Am Freitag, d. 10.09.21 machte ich mich also auf und erreichte Wittstock (Dosse) etwa 2 Stunden später. Gespielt wurde Samstag/Sonntag in einer geräumigen Sporthalle unweit der Stadthalle. Aber auch an diesem Freitag war einiges los. In der Halle spielten  GM Sebastian Siebrecht („Faszination Schach“) und WGM Elisabeth Phätz simultan und vor der Halle wurde gegrillt. Und so waren bereits viele Turnierteilnehmer dort versammelt, um sich mental auf die beiden folgenden Turniertage einzustimmen.

Simultan Simultan 2

Es war bereits die achte Auflage dieser Veranstaltung, die sich (laut Turnierflyer) von kleinen Anfängen im Jahr 2013 mit 40 Teilnehmern stetig an Beliebtheit erfreute. Das Interesse wuchs und die Teilnehmerzahlen stiegen sprunghaft an.  2019 lag die Zahl schon deutlich über 200. Dann kam auch hier Corona und 2020 wurde das Turnier abgesagt.

In diesem Jahr rechnete man so um und bei schon mit 300. Dieses Wachstum bedingte auch Änderungen der Austragungsorte. In  Blumenthal ging es los. Dort steht auch der höchste begehbare Holzturm Deutschlands – deshalb auch der anfangs etwas rätselhafter Turniername.

Holzturm

 

Gespielt wurde in 7 (A – F) dwz-orientierten Leistungsgruppen plus eines Masters, in dem die Besten der Besten um den Topf von 1.650,00 Euro kämpften.  Insgesamt galt es über 5.000,00 Euro am Turnierende auszuschütten. Das ehrgeizige Ziel von 300 Teilnehmern wurde zwar nicht ganz erreicht, doch im kommenden Jahr sollte dieses Breitenschachturnier diese Zahl überschreiten.

Ausgeschrieben waren 5 Runden CH-System bei einer Bedenkzeit von 60 Min./30 Züge + 30 Min. Rest (ohne Inkrement).

Eine aufwändige Begrüßung und Turniereröffnung leitete die Veranstaltung ein. Etliche Grußworte waren vorzutragen und neben den Vereinsverantwortlichen und des DSB (man hatte den Eindruck das halbe DSB-Präsidium ist in Wittstock beheimatet) präsentierten sich nicht nur Vertreter der  Gemeinde, sondern auch ein „echter“ Bischof.  1248 wurde Wittstock (laut google) durch Bischof Heinrich I von Havelberg das Stendaler Stadtrecht verliehen.

Eröffnung Bischof

Ursprünglich hatten 21 LSVer für das Turnier gemeldet, doch aus unterschiedlichen Gründen mussten einige passen uns so waren wir schließlich „nur“ 17 – auch keine so schlechte Zahl für ein knapp 200 km von Lübeck entferntes Schachturnier.

Gleich geht es los...

Halle 1 Halle 2

Am Samstagabend konnte man (falls man noch nicht genug hatte) an einem „Chess-960-Turnier“ teilnehmen oder man machte einen Gang in die Wittstocker Altstadt. Diese erreicht man durch die nahe gelegene Stadtmauer.

Tor

Geprägt wird der Ort u.a. durch die mächtige St.-Marienkirche, eine stattliche dreischiffige Backsteinhallenkirche aus dem 13. Jahrhundert.

Allerdings schien sich die Bevölkerung weitgehend zurückgezogen haben. Wenn man auf der Straße oder im Restaurant jemand antraf, konnte man sich ziemlich sicher sein, einen Turnierteilnehmer vor sich zu haben.

Alle Lübecker Platzierungen im Einzelnen hier eingehend zu beleuchten würde vielleicht doch etwas zu weit führen. Dafür empfiehlt es sich, einen Blick auf die Turnierseite zu werfen. Deshalb an dieser Stelle nur vereinzelte Betrachtungen.

Im Master hatte sich Joa Max Bornholdt angemeldet und hatte naturgemäß einen schweren Stand zwischen all den GM, IM und CM. Immerhin, Joa schlug sich wacker und holte schließlich 2/5. Mit Fiona Sieber, Antonia Ziegenfuß und Steffi Arnhold bekam er es gleich hintereinander mir den drei weiblichen Schachgrößen und einem 2100-Schnitt zu tun. Am Ende war er trotzdem weit von der Roten Laterne entfernt. Rang 15/20

Joa.

In Gruppe A (DWZ  2000-2249) ging U 12-Spieler Justus Sommer an den Start und schlug sich prächtig. 1 Sieg, 4 Remis und 0 Niederlagen.  Justus war damit auch Remiskönig dieser Gruppe. Keiner konnte ihn (auf Rang 20 gelistet) bezwingen und so holte er einen tollen 8. Platz unter 20 Mitbewerbern. Dass man trotz einer Minusqualität noch gewinnen kann beweist die folgende Partie.

Matthias Fenski  startete in Gruppe B (DWZ 1750-1999) und setzte gleich mit 2 Siegen hintereinander ein Ausrufungszeichen. Diese beiden Punkten brachten ihn in Runde 3 an Tisch 1. Nach 2 Remis dann in der letzten Runde doch noch eine Niederlage, die ihm knapp (Rang 11)  eine Top 10-Platzierung kostete. Matthias war so freundlich und hat 2 seiner Partien kommentiert.

Matthias

Auch Kolja Maas konnte in dieser Gruppe überzeugen und spielte durchweg an den vorderen Tischen mit. Auch ihn „erwischte“ es in der Schlussrunde. Rang 32 (63) mit 2,5 Punkten.

Vielleicht von allen LSVern am Überzeugensten war in Gruppe C (DWZ  1500-1749) Philipp Stülcken, denn mit Rang 5 kam Philipp tatsächlich in die Geldpreise. Herzlichen Glückwunsch! 3 Siege, 2 Remis und keine Niederlage. Mit diesen 4 Punkten ein geteilter zweiter Punktrang zusammen mit 4 weiteren Spielern. Am Ende entschied die Zweitwertung (Buchholz) über die Reihenfolge.

DSCN1359

Hier sein Schwarzsieg aus der letzten Runde.

Ich selbst erreichte die angestrebten 50 % leider nicht. Am Samstag stellte ich in der ersten Partie sinnlos eine Figur ein, gewann die zweite und rettete mich dann in einem total verlorenen Turmendspiel ins Remis. Diametral entgegengesetzt der Sonntag. Erst verdarb ich ein total gewonnenes Turmendspiel zum Remis und in der 5. Runde stellte mein Gegner ziemlich sinnfrei eine Figur ein.

...noch paar LSVer am Brett

 Ole HannoYork Andrea

Zum Ende der Partienübersicht wenden wir uns noch der Gruppe  D (DWZ 1250-1499) zu. Neben Philipp kam auch Ida Klara Kutz in die Geldränge und durfte zu Recht mit Stolz den Preis für Platz 6 entgegennehmen. Ida verlor keine Partie, spielte zweimal Remis und ging dreimal als Siegerin vom Brett. Bravo!

Ida 

Hier noch ein Schmankerl aus dieser Gruppe. Vor der letzten Runde hatte Hanno Hellenbroich 2 Punkte auf dem Konto, stand nach (zu) riskantem Angriff bei heterogenen Rochaden bedenklich und beschloss „all in“ zu gehen:

 

Das nach dem Turmopfer sich sowohl  Kxh6 als auch gxh6 wegen sofortigen Matts auf g6 bzw. g8 verbietet war so schwer nun nicht zu sehen. 31. …Kg8 32. Dh2 De3+ 33. Sd2 Tf1+++ wäre eine brauchbare Alternative gewesen.

Nach der Mattsetzung streckte Hanno demonstrative den Arm aus, um Glückwünsche entgegenzunehmen. Diese Geste wurde von seinem Gegner (gefühlt) minutenlang ignoriert, da ihm nur langsam dämmerte, was er mit seinem 31. Zug angerichtet hatte. Dann fiel der Groschen und  er gratulierte lächelnd Hanno zum Sieg.

Zwischen den Runden konnte man am reichhaltigen Speisenangebot zugreifen und/oder man traf sich an dem von Nicole organisierten Vereinstisch.

LSV Tisch

Die Siegerehrung lief dann mit ähnlichem Aufwand ab, wie die Eröffnungszeremonie.  Alle Preisträger  hatten einen eigenen Paten, sei es aus dem Verein, der Gemeinde oder dem bereits erwähnten Bischoff. Zudem wurden alle teilnehmenden Kinder auf die Bühne gerufen und ein jedes durfte einen kleinen Pokal entgegennehmen.

Kinder 2 Kinder 1

Eine besondere Ehrung aus diesem Kreis ging an Henning Jasper Kutz als jüngster (Jg. 2014) Turnierteilnehmer.

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Weitere Preise an die (gruppenübergreifend) beste Familie. Hier kam die Familie (Henning Jasper, Ida, Paul Matti) Kutz auf Rang 5 und schließlich durfte auch der Lübecker SV sich in seiner Gesamtheit freuen.

In der Kategorie (gruppenübergreifend) beste Vereinsplatzierung kamen wir hinter  dem Stendaler SK und BSV 63 Weißensee auf Rang 3. Die Ehrung bestand neben einem „Fuffi“ für die Jugendkasse in einem schönen Pokal, der nunmehr den Vereinstresen ziert.

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Vermutlich im Blick auf so manch schmerzhafte Niederlage wurde das gute Stück von einer örtlichen Zahnarztpraxis gestiftet.

Das 9. Turnier „Ran an den Turm“ ist vom 22.-24.04.2022 geplant. Rechtzeitige Anmeldung ist angeraten, denn die turniernahen Übernachtungsmöglichkeiten sind rar.